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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

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warf, stand sie für ihn unter neuen Lichtern
glänzend. Der Haß, den er schon von Natur
d. h. aus Stolz gegen jedes Gerücht hatte, weil
es beherrscht und nicht zu beherrschen ist, wirkte
mit frischem Feuer in ihm; er entschloß sich,
eben weil Liane die Tochter entweder ihres Erb¬
feindes oder ihres Liebhabers und weil die Für¬
stin deren Nebenbuhlerin seyn soll, auf sein
Herz und das davon erkannte frei zu wagen
und gerade jetzt der Fürstin seine Bitte um Ver¬
mittlung für Lianens Mitreise, d. h. für sei¬
nen Himmel, offen zu vertrauen.

Am Morgen darauf kam der Fürst zurück
-- die Prinzessin ließ sogleich anspannen --
gegen Abend kam sie mit einem Wagen mehr
in die Stadt. Das Gerücht durchlief alle Spiel¬
tische, die spanische Gräfin Romeiro sey im
Schlosse angelangt. Gerüchte sind wie Poly¬
pen; das Verwunden und Zerstören verviel¬
facht sie; nur das Ineinanderstecken macht ei¬
nen aus zweien; -- das Gerücht von Linda's
Ankunft schlang das Gerücht von Froulay's
Ehrenraub in sich.

warf, ſtand ſie für ihn unter neuen Lichtern
glänzend. Der Haß, den er ſchon von Natur
d. h. aus Stolz gegen jedes Gerücht hatte, weil
es beherrſcht und nicht zu beherrſchen iſt, wirkte
mit friſchem Feuer in ihm; er entſchloß ſich,
eben weil Liane die Tochter entweder ihres Erb¬
feindes oder ihres Liebhabers und weil die Für¬
ſtin deren Nebenbuhlerin ſeyn ſoll, auf ſein
Herz und das davon erkannte frei zu wagen
und gerade jetzt der Fürſtin ſeine Bitte um Ver¬
mittlung für Lianens Mitreiſe, d. h. für ſei¬
nen Himmel, offen zu vertrauen.

Am Morgen darauf kam der Fürſt zurück
— die Prinzeſſin ließ ſogleich anſpannen —
gegen Abend kam ſie mit einem Wagen mehr
in die Stadt. Das Gerücht durchlief alle Spiel¬
tiſche, die ſpaniſche Gräfin Romeiro ſey im
Schloſſe angelangt. Gerüchte ſind wie Poly¬
pen; das Verwunden und Zerſtören verviel¬
facht ſie; nur das Ineinanderſtecken macht ei¬
nen aus zweien; — das Gerücht von Linda's
Ankunft ſchlang das Gerücht von Froulay's
Ehrenraub in ſich.

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[326/0338] warf, ſtand ſie für ihn unter neuen Lichtern glänzend. Der Haß, den er ſchon von Natur d. h. aus Stolz gegen jedes Gerücht hatte, weil es beherrſcht und nicht zu beherrſchen iſt, wirkte mit friſchem Feuer in ihm; er entſchloß ſich, eben weil Liane die Tochter entweder ihres Erb¬ feindes oder ihres Liebhabers und weil die Für¬ ſtin deren Nebenbuhlerin ſeyn ſoll, auf ſein Herz und das davon erkannte frei zu wagen und gerade jetzt der Fürſtin ſeine Bitte um Ver¬ mittlung für Lianens Mitreiſe, d. h. für ſei¬ nen Himmel, offen zu vertrauen. Am Morgen darauf kam der Fürſt zurück — die Prinzeſſin ließ ſogleich anſpannen — gegen Abend kam ſie mit einem Wagen mehr in die Stadt. Das Gerücht durchlief alle Spiel¬ tiſche, die ſpaniſche Gräfin Romeiro ſey im Schloſſe angelangt. Gerüchte ſind wie Poly¬ pen; das Verwunden und Zerſtören verviel¬ facht ſie; nur das Ineinanderſtecken macht ei¬ nen aus zweien; — das Gerücht von Linda's Ankunft ſchlang das Gerücht von Froulay's Ehrenraub in ſich.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/338>, abgerufen am 21.11.2024.