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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

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ob er standhaft sey, vertrauen und für sie wa¬
gen könne. Er schwur, schon als Fürstin dürfe
sie jede Aufopferung und Verehrung von sei¬
nem Doppeltpfünder erwarten. Sie fuhr fort:
sie hab' ihm heute wichtige Dinge über sich und
den Fürsten anzuvertrauen; sie wolle, wenn die
Foule fort wäre, mit ihm allein sprechen; er
brauche bloß von der Gartenseite die kleine
Treppe herauf an die Thür des Bibliothekzim¬
mers zu gehen; diese sey aufgeschlossen; am po¬
etischen Bücherschrank sey links in der Wand
eine Springfeder, deren Druck ihm die Tape¬
tenthüre des Zimmers öffne, wo er sie erwarten
sollte.

Sogleich stand sie auf, das Ja voraus¬
setzend. Wie es jetzt in den beiden Pfunden
seines 64löthigen Herzens hergieng, kann bloß
seinen Todfeinden ein Vergnügen, es zu erfah¬
ren seyn. So viel lag mit langen, dicken, stei¬
nernen Buchstaben wie auf einem Epitaphium
geschrieben ihm vor, daß nach wenig Stunden,
wenn die andern Herren, sonst noch größere
Sünder als er, ruhig in den schönen, den Schlo߬
hof formirenden Dienerhäusern schnarchen

Titan III. X

ob er ſtandhaft ſey, vertrauen und für ſie wa¬
gen könne. Er ſchwur, ſchon als Fürſtin dürfe
ſie jede Aufopferung und Verehrung von ſei¬
nem Doppeltpfünder erwarten. Sie fuhr fort:
ſie hab' ihm heute wichtige Dinge über ſich und
den Fürſten anzuvertrauen; ſie wolle, wenn die
Foule fort wäre, mit ihm allein ſprechen; er
brauche bloß von der Gartenſeite die kleine
Treppe herauf an die Thür des Bibliothekzim¬
mers zu gehen; dieſe ſey aufgeſchloſſen; am po¬
etiſchen Bücherſchrank ſey links in der Wand
eine Springfeder, deren Druck ihm die Tape¬
tenthüre des Zimmers öffne, wo er ſie erwarten
ſollte.

Sogleich ſtand ſie auf, das Ja voraus¬
ſetzend. Wie es jetzt in den beiden Pfunden
ſeines 64löthigen Herzens hergieng, kann bloß
ſeinen Todfeinden ein Vergnügen, es zu erfah¬
ren ſeyn. So viel lag mit langen, dicken, ſtei¬
nernen Buchſtaben wie auf einem Epitaphium
geſchrieben ihm vor, daß nach wenig Stunden,
wenn die andern Herren, ſonſt noch größere
Sünder als er, ruhig in den ſchönen, den Schlo߬
hof formirenden Dienerhäuſern ſchnarchen

Titan III. X
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[321/0333] ob er ſtandhaft ſey, vertrauen und für ſie wa¬ gen könne. Er ſchwur, ſchon als Fürſtin dürfe ſie jede Aufopferung und Verehrung von ſei¬ nem Doppeltpfünder erwarten. Sie fuhr fort: ſie hab' ihm heute wichtige Dinge über ſich und den Fürſten anzuvertrauen; ſie wolle, wenn die Foule fort wäre, mit ihm allein ſprechen; er brauche bloß von der Gartenſeite die kleine Treppe herauf an die Thür des Bibliothekzim¬ mers zu gehen; dieſe ſey aufgeſchloſſen; am po¬ etiſchen Bücherſchrank ſey links in der Wand eine Springfeder, deren Druck ihm die Tape¬ tenthüre des Zimmers öffne, wo er ſie erwarten ſollte. Sogleich ſtand ſie auf, das Ja voraus¬ ſetzend. Wie es jetzt in den beiden Pfunden ſeines 64löthigen Herzens hergieng, kann bloß ſeinen Todfeinden ein Vergnügen, es zu erfah¬ ren ſeyn. So viel lag mit langen, dicken, ſtei¬ nernen Buchſtaben wie auf einem Epitaphium geſchrieben ihm vor, daß nach wenig Stunden, wenn die andern Herren, ſonſt noch größere Sünder als er, ruhig in den ſchönen, den Schlo߬ hof formirenden Dienerhäuſern ſchnarchen Titan III. X

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/333>, abgerufen am 24.11.2024.