theil, daß die geduldige Seele, der er die Schö¬ pfung gestohlen, noch immer eingemauert sey in die tiefste Höhle des Lebens, neben welcher blos die tiefere des Grabes hell und offen liegt. Je¬ des sanfte, lindernde, ihm von den Wissenschaf¬ ten oder Menschen geschenkte warme Lüftchen gieng über jene kalte Höhle und wurde für ihn ein scharfer Nord. O, hätt' er sie aus seinen sinkenden Armen entlassen müssen unter schöne Tage, in ein langes, ewiges Paradies und sie hätte ihn trunken vergessen: das hätt' er auch vergessen können; aber daß er sie hingestoßen in ein kaltes Schattenreich und daß sie sich sei¬ ner erinnern muß aus Schmerz -- -- nur das mußt' er sich immer erinnern.
Schoppe wußte gegen alle diese Noth kein "Pflaster als (nach seinem schönen Wortspiel) "das Steinpflaster," nämlich eine Flugreise. Wenigstens, schloß er, hören ausser Lands die Fragen über das Befinden und die giftigen Sor¬ gen über das Antworten auf; und bei der Re¬ tour finde man viel Schmerz erspart oder gar allen gehoben.
theil, daß die geduldige Seele, der er die Schö¬ pfung geſtohlen, noch immer eingemauert ſey in die tiefſte Höhle des Lebens, neben welcher blos die tiefere des Grabes hell und offen liegt. Je¬ des ſanfte, lindernde, ihm von den Wiſſenſchaf¬ ten oder Menſchen geſchenkte warme Lüftchen gieng über jene kalte Höhle und wurde für ihn ein ſcharfer Nord. O, hätt' er ſie aus ſeinen ſinkenden Armen entlaſſen müſſen unter ſchöne Tage, in ein langes, ewiges Paradies und ſie hätte ihn trunken vergeſſen: das hätt' er auch vergeſſen können; aber daß er ſie hingeſtoßen in ein kaltes Schattenreich und daß ſie ſich ſei¬ ner erinnern muß aus Schmerz — — nur das mußt' er ſich immer erinnern.
Schoppe wußte gegen alle dieſe Noth kein „Pflaſter als (nach ſeinem ſchönen Wortſpiel) „das Steinpflaſter,“ nämlich eine Flugreiſe. Wenigſtens, ſchloß er, hören auſſer Lands die Fragen über das Befinden und die giftigen Sor¬ gen über das Antworten auf; und bei der Re¬ tour finde man viel Schmerz erſpart oder gar allen gehoben.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0235"n="223"/>
theil, daß die geduldige Seele, der er die Schö¬<lb/>
pfung geſtohlen, noch immer eingemauert ſey in<lb/>
die tiefſte Höhle des Lebens, neben welcher blos<lb/>
die tiefere des Grabes hell und offen liegt. Je¬<lb/>
des ſanfte, lindernde, ihm von den Wiſſenſchaf¬<lb/>
ten oder Menſchen geſchenkte warme Lüftchen<lb/>
gieng über jene kalte Höhle und wurde für ihn<lb/>
ein ſcharfer Nord. O, hätt' er ſie aus ſeinen<lb/>ſinkenden Armen entlaſſen müſſen unter ſchöne<lb/>
Tage, in ein langes, ewiges Paradies und ſie<lb/>
hätte ihn trunken vergeſſen: das hätt' er auch<lb/>
vergeſſen können; aber daß er ſie hingeſtoßen<lb/>
in ein kaltes Schattenreich und daß ſie ſich ſei¬<lb/>
ner erinnern muß aus Schmerz —— nur das<lb/>
mußt' er ſich immer erinnern.</p><lb/><p>Schoppe wußte gegen alle dieſe Noth kein<lb/>„Pflaſter als (nach ſeinem ſchönen Wortſpiel)<lb/>„das Steinpflaſter,“ nämlich eine Flugreiſe.<lb/>
Wenigſtens, ſchloß er, hören auſſer Lands die<lb/>
Fragen über das Befinden und die giftigen Sor¬<lb/>
gen über das Antworten auf; und bei der Re¬<lb/>
tour finde man viel Schmerz erſpart oder gar<lb/>
allen gehoben.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[223/0235]
theil, daß die geduldige Seele, der er die Schö¬
pfung geſtohlen, noch immer eingemauert ſey in
die tiefſte Höhle des Lebens, neben welcher blos
die tiefere des Grabes hell und offen liegt. Je¬
des ſanfte, lindernde, ihm von den Wiſſenſchaf¬
ten oder Menſchen geſchenkte warme Lüftchen
gieng über jene kalte Höhle und wurde für ihn
ein ſcharfer Nord. O, hätt' er ſie aus ſeinen
ſinkenden Armen entlaſſen müſſen unter ſchöne
Tage, in ein langes, ewiges Paradies und ſie
hätte ihn trunken vergeſſen: das hätt' er auch
vergeſſen können; aber daß er ſie hingeſtoßen
in ein kaltes Schattenreich und daß ſie ſich ſei¬
ner erinnern muß aus Schmerz — — nur das
mußt' er ſich immer erinnern.
Schoppe wußte gegen alle dieſe Noth kein
„Pflaſter als (nach ſeinem ſchönen Wortſpiel)
„das Steinpflaſter,“ nämlich eine Flugreiſe.
Wenigſtens, ſchloß er, hören auſſer Lands die
Fragen über das Befinden und die giftigen Sor¬
gen über das Antworten auf; und bei der Re¬
tour finde man viel Schmerz erſpart oder gar
allen gehoben.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/235>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.