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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

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thre Augen aufopfern wollen, sondern nur ihr
Herz. Im Brenn und Vergrößerungsspiegel
des Erfolges zeigt uns das Schicksal das leich¬
te, spielende Gewürme unseres Innern als er¬
wachsene und bewaffnete Erynnen und Schlan¬
gen. Wie viele Sünden gehen wie nächtliche
Räuber ungesehen und mit sanften Minen durch
uns, weil sie, wie ihre Schwestern in Träumen,
sich nicht aus dem Kreise der Brust verlaufen
und nichts Fremdes anzufallen und zu würgen
bekommen. -- Die schöne Seele entdeckt leicht
im Zufall eine Schuld; nur jene harten Him¬
mels- und Erd-Stürmer, vor deren Siegeswa¬
gen vorher eine Wagenburg voll Wunden und
Leichen auffährt, nämlich die Väter des Krie¬
ges -- welches in der ganzen Geschichte öfter
die Minister waren als die Fürsten -- nur die¬
se können ruhig alle Vulkane der Erde anzün¬
den und alle ihre Lavaströme kommen lassen,
blos um -- Aussichten zu haben. Sie düngen
elysische Felder zum Schlachtfeld, um darin ei¬
nen Rosenstock für eine Geliebte röther zu ziehen.

Das Erste was Albano that, als er in des
Doktors Hause ankam, war daß er darauszog

thre Augen aufopfern wollen, ſondern nur ihr
Herz. Im Brenn und Vergrößerungsſpiegel
des Erfolges zeigt uns das Schickſal das leich¬
te, ſpielende Gewürme unſeres Innern als er¬
wachſene und bewaffnete Erynnen und Schlan¬
gen. Wie viele Sünden gehen wie nächtliche
Räuber ungeſehen und mit ſanften Minen durch
uns, weil ſie, wie ihre Schweſtern in Träumen,
ſich nicht aus dem Kreiſe der Bruſt verlaufen
und nichts Fremdes anzufallen und zu würgen
bekommen. — Die ſchöne Seele entdeckt leicht
im Zufall eine Schuld; nur jene harten Him¬
mels- und Erd-Stürmer, vor deren Siegeswa¬
gen vorher eine Wagenburg voll Wunden und
Leichen auffährt, nämlich die Väter des Krie¬
ges — welches in der ganzen Geſchichte öfter
die Miniſter waren als die Fürſten — nur die¬
ſe können ruhig alle Vulkane der Erde anzün¬
den und alle ihre Lavaſtröme kommen laſſen,
blos um — Ausſichten zu haben. Sie düngen
elyſiſche Felder zum Schlachtfeld, um darin ei¬
nen Roſenſtock für eine Geliebte röther zu ziehen.

Das Erſte was Albano that, als er in des
Doktors Hauſe ankam, war daß er darauszog

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[218/0230] thre Augen aufopfern wollen, ſondern nur ihr Herz. Im Brenn und Vergrößerungsſpiegel des Erfolges zeigt uns das Schickſal das leich¬ te, ſpielende Gewürme unſeres Innern als er¬ wachſene und bewaffnete Erynnen und Schlan¬ gen. Wie viele Sünden gehen wie nächtliche Räuber ungeſehen und mit ſanften Minen durch uns, weil ſie, wie ihre Schweſtern in Träumen, ſich nicht aus dem Kreiſe der Bruſt verlaufen und nichts Fremdes anzufallen und zu würgen bekommen. — Die ſchöne Seele entdeckt leicht im Zufall eine Schuld; nur jene harten Him¬ mels- und Erd-Stürmer, vor deren Siegeswa¬ gen vorher eine Wagenburg voll Wunden und Leichen auffährt, nämlich die Väter des Krie¬ ges — welches in der ganzen Geſchichte öfter die Miniſter waren als die Fürſten — nur die¬ ſe können ruhig alle Vulkane der Erde anzün¬ den und alle ihre Lavaſtröme kommen laſſen, blos um — Ausſichten zu haben. Sie düngen elyſiſche Felder zum Schlachtfeld, um darin ei¬ nen Roſenſtock für eine Geliebte röther zu ziehen. Das Erſte was Albano that, als er in des Doktors Hauſe ankam, war daß er darauszog

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/230>, abgerufen am 24.11.2024.