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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

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bedeckten Nein wegziehen sollten. Sie las ihn
furchtsam, lächelte weinend bei der mörderi¬
schen Ironie und sagte sanft: ja wohl! -- Der
Lektor hatte schon eine halbe Hoffnung im Au¬
ge. -- "Wenn der Ritter (sagte sie,) so denkt,
"darf ichs denn weniger? Nein, guter Albano,
"nun bleib' ich Dir treu! Mein Leben ist so
"kurz, darum sey es ihm so lange erfreulich und
"gewidmet als ich vermag."

Sie dankte dem Lektor so warm und froh
für den Pfeil aus Spanien, daß dieser unfä¬
hig war, hart genug zu seyn, um dessen schwarz
vergiftetes Ende in das schöne Herz zu stoßen.
Sie bat ihn, zu seiner Schonung nicht bei ihrer
festen Erklärung gegen ihren Vater zu seyn,
lieber höchstens zu ihrer und der mütterlichen
die ihrige gegen die Mutter zu übernehmen.
Er willigte blos in -- beides, statt in eines.

Die sanfte Gestalt trat ruhig vor ihren Va¬
ter hin und brachte, vor keinem Blitz und Don¬
ner zusammenfahrend, ihre Erklärung zu Ende,
daß sie ihre gemißbilligte Liebe hart bereue, daß
sie alle Strafen tragen, und Alles opfern, Alles
hier und bei der Fürstin thun und lassen wolle

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bedeckten Nein wegziehen ſollten. Sie las ihn
furchtſam, lächelte weinend bei der mörderi¬
ſchen Ironie und ſagte ſanft: ja wohl! — Der
Lektor hatte ſchon eine halbe Hoffnung im Au¬
ge. — „Wenn der Ritter (ſagte ſie,) ſo denkt,
„darf ichs denn weniger? Nein, guter Albano,
„nun bleib' ich Dir treu! Mein Leben iſt ſo
„kurz, darum ſey es ihm ſo lange erfreulich und
„gewidmet als ich vermag.“

Sie dankte dem Lektor ſo warm und froh
für den Pfeil aus Spanien, daß dieſer unfä¬
hig war, hart genug zu ſeyn, um deſſen ſchwarz
vergiftetes Ende in das ſchöne Herz zu ſtoßen.
Sie bat ihn, zu ſeiner Schonung nicht bei ihrer
feſten Erklärung gegen ihren Vater zu ſeyn,
lieber höchſtens zu ihrer und der mütterlichen
die ihrige gegen die Mutter zu übernehmen.
Er willigte blos in — beides, ſtatt in eines.

Die ſanfte Geſtalt trat ruhig vor ihren Va¬
ter hin und brachte, vor keinem Blitz und Don¬
ner zuſammenfahrend, ihre Erklärung zu Ende,
daß ſie ihre gemißbilligte Liebe hart bereue, daß
ſie alle Strafen tragen, und Alles opfern, Alles
hier und bei der Fürſtin thun und laſſen wolle

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[195/0207] bedeckten Nein wegziehen ſollten. Sie las ihn furchtſam, lächelte weinend bei der mörderi¬ ſchen Ironie und ſagte ſanft: ja wohl! — Der Lektor hatte ſchon eine halbe Hoffnung im Au¬ ge. — „Wenn der Ritter (ſagte ſie,) ſo denkt, „darf ichs denn weniger? Nein, guter Albano, „nun bleib' ich Dir treu! Mein Leben iſt ſo „kurz, darum ſey es ihm ſo lange erfreulich und „gewidmet als ich vermag.“ Sie dankte dem Lektor ſo warm und froh für den Pfeil aus Spanien, daß dieſer unfä¬ hig war, hart genug zu ſeyn, um deſſen ſchwarz vergiftetes Ende in das ſchöne Herz zu ſtoßen. Sie bat ihn, zu ſeiner Schonung nicht bei ihrer feſten Erklärung gegen ihren Vater zu ſeyn, lieber höchſtens zu ihrer und der mütterlichen die ihrige gegen die Mutter zu übernehmen. Er willigte blos in — beides, ſtatt in eines. Die ſanfte Geſtalt trat ruhig vor ihren Va¬ ter hin und brachte, vor keinem Blitz und Don¬ ner zuſammenfahrend, ihre Erklärung zu Ende, daß ſie ihre gemißbilligte Liebe hart bereue, daß ſie alle Strafen tragen, und Alles opfern, Alles hier und bei der Fürſtin thun und laſſen wolle N 2

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/207>, abgerufen am 23.11.2024.