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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

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schreckt hoch empor -- im umgekehrten Regen
spielte eine weisse, grüne, goldne und finstere
Welt und die Wasser und die Flammenstrahlen
flogen wie Silber- und Goldfasanen muthwil¬
lig gegeneinander an. -- Und der Glanz des
brennenden Edens umfieng den Tempel des
Traums und der Wiederschein legte sich in sein
inneres grünes Laubwerk vergoldend.

Liane trat an der Hand der ehrenden Für¬
stin mit niedergeschlagnen, verschämten Augen
in die helle, rege Sonnenstadt heraus, ins Ge¬
tümmel der Musik und der frohen Zuschauer.
Auf Albano schoß die stürmische Gegenwart wie
ein Strom; die entgegengesetzten verworrenen
Rollen vor entgegengesetzten Menschen -- der
Freudenglanz des Abends -- und die nächtli¬
che Verwirrung in seiner Brust machten seinen
festen Gang durch diesen Abend schwer.

Die Fürstin zog ihn bald in ihren Wirbeln
weiter; Lianen ließ sie nicht von sich. Der
Minister färbte und steifte mit alten Galante¬
rien den erotischen Sklaven auf; aber jedem
schien er, da die Fürstin den Kredit nach dem
Tode des Fürsten bestimmt, nur die Sitte der

ſchreckt hoch empor — im umgekehrten Regen
ſpielte eine weiſſe, grüne, goldne und finſtere
Welt und die Waſſer und die Flammenſtrahlen
flogen wie Silber- und Goldfaſanen muthwil¬
lig gegeneinander an. — Und der Glanz des
brennenden Edens umfieng den Tempel des
Traums und der Wiederſchein legte ſich in ſein
inneres grünes Laubwerk vergoldend.

Liane trat an der Hand der ehrenden Für¬
ſtin mit niedergeſchlagnen, verſchämten Augen
in die helle, rege Sonnenſtadt heraus, ins Ge¬
tümmel der Muſik und der frohen Zuſchauer.
Auf Albano ſchoß die ſtürmiſche Gegenwart wie
ein Strom; die entgegengeſetzten verworrenen
Rollen vor entgegengeſetzten Menſchen — der
Freudenglanz des Abends — und die nächtli¬
che Verwirrung in ſeiner Bruſt machten ſeinen
feſten Gang durch dieſen Abend ſchwer.

Die Fürſtin zog ihn bald in ihren Wirbeln
weiter; Lianen ließ ſie nicht von ſich. Der
Miniſter färbte und ſteifte mit alten Galante¬
rien den erotiſchen Sklaven auf; aber jedem
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[171/0183] ſchreckt hoch empor — im umgekehrten Regen ſpielte eine weiſſe, grüne, goldne und finſtere Welt und die Waſſer und die Flammenſtrahlen flogen wie Silber- und Goldfaſanen muthwil¬ lig gegeneinander an. — Und der Glanz des brennenden Edens umfieng den Tempel des Traums und der Wiederſchein legte ſich in ſein inneres grünes Laubwerk vergoldend. Liane trat an der Hand der ehrenden Für¬ ſtin mit niedergeſchlagnen, verſchämten Augen in die helle, rege Sonnenſtadt heraus, ins Ge¬ tümmel der Muſik und der frohen Zuſchauer. Auf Albano ſchoß die ſtürmiſche Gegenwart wie ein Strom; die entgegengeſetzten verworrenen Rollen vor entgegengeſetzten Menſchen — der Freudenglanz des Abends — und die nächtli¬ che Verwirrung in ſeiner Bruſt machten ſeinen feſten Gang durch dieſen Abend ſchwer. Die Fürſtin zog ihn bald in ihren Wirbeln weiter; Lianen ließ ſie nicht von ſich. Der Miniſter färbte und ſteifte mit alten Galante¬ rien den erotiſchen Sklaven auf; aber jedem ſchien er, da die Fürſtin den Kredit nach dem Tode des Fürſten beſtimmt, nur die Sitte der

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/183>, abgerufen am 23.11.2024.