Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

rechten Winkel bildenden Gang, den grünes
Moos auslaubte und dessen Länge die zerbrök¬
kelten Funken von faulem Holze bezeichneten.
Er verlor sich in eine offne Pforte und Aus¬
sicht ins -- Elysium von welchem nur die weis¬
sen Gipfel einiger Silberpappeln zu erkennen
waren und in der Ferne sah man das Früh¬
lingsroth der Mitternacht am Himmel blühen
und zwei Sterne blitzten darüber. Doch wurde
die Pforte vergittert und bewacht durch ein
Skelet mit einer Äolsharfe in der Hand, das
auf ihr die dünnen Moltöne zu greifen schien,
mit denen jetzt der Zugwind in die Höhle floß.

"Erzähle hier (sagte Karl an der schönen
"Stelle, und neugieriger durch den Mörder¬
"wurf von Albans Degen), das heutige aus!"
Albano berichtete ihm redlich das Wort der
Schwesterstimme: "Linda de Romeiro geb' ich
"dir." Er dachte im Geräusche seines Innern
nicht an die Anekdote, daß ja Karl für eben
diese als Knabe sterben wollen. "Die Ro¬
"meiro? (fuhr dieser auf) Sey still! -- O
"diese? -- Spielender Scharfrichter du Schick¬
"sal! Warum sie und heute? Ach Albano,
"für diese gieng ich früh dem Tode entgegen

rechten Winkel bildenden Gang, den grünes
Moos auslaubte und deſſen Länge die zerbrök¬
kelten Funken von faulem Holze bezeichneten.
Er verlor ſich in eine offne Pforte und Aus¬
ſicht ins — Elyſium von welchem nur die weis¬
ſen Gipfel einiger Silberpappeln zu erkennen
waren und in der Ferne ſah man das Früh¬
lingsroth der Mitternacht am Himmel blühen
und zwei Sterne blitzten darüber. Doch wurde
die Pforte vergittert und bewacht durch ein
Skelet mit einer Äolsharfe in der Hand, das
auf ihr die dünnen Moltöne zu greifen ſchien,
mit denen jetzt der Zugwind in die Höhle floß.

„Erzähle hier (ſagte Karl an der ſchönen
„Stelle, und neugieriger durch den Mörder¬
„wurf von Albans Degen), das heutige aus!“
Albano berichtete ihm redlich das Wort der
Schweſterſtimme: „Linda de Romeiro geb' ich
„dir.“ Er dachte im Geräuſche ſeines Innern
nicht an die Anekdote, daß ja Karl für eben
dieſe als Knabe ſterben wollen. „Die Ro¬
„meiro? (fuhr dieſer auf) Sey ſtill! — O
„dieſe? — Spielender Scharfrichter du Schick¬
„ſal! Warum ſie und heute? Ach Albano,
„für dieſe gieng ich früh dem Tode entgegen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0533" n="513"/>
rechten Winkel bildenden Gang, den grünes<lb/>
Moos auslaubte und de&#x017F;&#x017F;en Länge die zerbrök¬<lb/>
kelten Funken von faulem Holze bezeichneten.<lb/>
Er verlor &#x017F;ich in eine offne Pforte und Aus¬<lb/>
&#x017F;icht ins &#x2014; Ely&#x017F;ium von welchem nur die weis¬<lb/>
&#x017F;en Gipfel einiger Silberpappeln zu erkennen<lb/>
waren und in der Ferne &#x017F;ah man das Früh¬<lb/>
lingsroth der Mitternacht am Himmel blühen<lb/>
und zwei Sterne blitzten darüber. Doch wurde<lb/>
die Pforte vergittert und bewacht durch ein<lb/>
Skelet mit einer Äolsharfe in der Hand, das<lb/>
auf ihr die dünnen Moltöne zu greifen &#x017F;chien,<lb/>
mit denen jetzt der Zugwind in die Höhle floß.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Erzähle hier (&#x017F;agte Karl an der &#x017F;chönen<lb/>
&#x201E;Stelle, und neugieriger durch den Mörder¬<lb/>
&#x201E;wurf von Albans Degen), das heutige aus!&#x201C;<lb/>
Albano berichtete ihm redlich das Wort der<lb/>
Schwe&#x017F;ter&#x017F;timme: &#x201E;Linda de Romeiro geb' ich<lb/>
&#x201E;dir.&#x201C; Er dachte im Geräu&#x017F;che &#x017F;eines Innern<lb/>
nicht an die Anekdote, daß ja Karl für eben<lb/>
die&#x017F;e als Knabe &#x017F;terben wollen. &#x201E;Die Ro¬<lb/>
&#x201E;meiro? (fuhr die&#x017F;er auf) Sey &#x017F;till! &#x2014; O<lb/>
&#x201E;die&#x017F;e? &#x2014; Spielender Scharfrichter du Schick¬<lb/>
&#x201E;&#x017F;al! Warum &#x017F;ie und heute? Ach Albano,<lb/>
&#x201E;für die&#x017F;e gieng ich früh dem Tode entgegen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[513/0533] rechten Winkel bildenden Gang, den grünes Moos auslaubte und deſſen Länge die zerbrök¬ kelten Funken von faulem Holze bezeichneten. Er verlor ſich in eine offne Pforte und Aus¬ ſicht ins — Elyſium von welchem nur die weis¬ ſen Gipfel einiger Silberpappeln zu erkennen waren und in der Ferne ſah man das Früh¬ lingsroth der Mitternacht am Himmel blühen und zwei Sterne blitzten darüber. Doch wurde die Pforte vergittert und bewacht durch ein Skelet mit einer Äolsharfe in der Hand, das auf ihr die dünnen Moltöne zu greifen ſchien, mit denen jetzt der Zugwind in die Höhle floß. „Erzähle hier (ſagte Karl an der ſchönen „Stelle, und neugieriger durch den Mörder¬ „wurf von Albans Degen), das heutige aus!“ Albano berichtete ihm redlich das Wort der Schweſterſtimme: „Linda de Romeiro geb' ich „dir.“ Er dachte im Geräuſche ſeines Innern nicht an die Anekdote, daß ja Karl für eben dieſe als Knabe ſterben wollen. „Die Ro¬ „meiro? (fuhr dieſer auf) Sey ſtill! — O „dieſe? — Spielender Scharfrichter du Schick¬ „ſal! Warum ſie und heute? Ach Albano, „für dieſe gieng ich früh dem Tode entgegen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/533
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 513. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/533>, abgerufen am 02.05.2024.