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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.

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man so weich auf den Rändern dieser Stühle auf¬
saß als trüge man einen Doppelsteiß -- wie gesagt,
diesen Steiß-Luxus des Gläubigers und Schuldners
hab' ich niemals zum Muster angepriesen; aber auf
der andern Seite muß doch jeder, der in den "Schulz
von Paris" hineingesehen, bekennen, daß die
Verschwendung im Palais royal und an allen Höfen
offenbar eben so groß ist. Wie werd' ich vollends
solche Methodisten von der strengen Observanz auf
die Seite des Großvater- oder Sorgestuhls Wuzens
bringen, der mit vier hölzernen Löwentatzen die Er¬
de ergreift, welche mit vier Queerhölzern -- den
Siz-Konsolen munterer Finken und Gimpel -- gespon¬
selt sind; und dessen Haar-Chignon sich mit einer
geblümten ledernen Schwarte [...]mehr als zu präch¬
tig besohlet und welcher zwei hölzerne behaarte Ar¬
me, die das Alter wie menschliche, dürrer gemacht,
nach einem Insaß ausstreckt? . . . . Dieses Fragzei¬
chen kann manchen, weil er den langen Perioden
vergessen, frappiren.

Das zinnene Tafel-Service, das der Päda¬
gog noch von seinem Fürstbischof holte, kann das
Publikum beim Auktionsproklamator, wenns anders
versteigert wird, besser kennen lernen als bei mir:

man ſo weich auf den Raͤndern dieſer Stuͤhle auf¬
ſaß als truͤge man einen Doppelſteiß — wie geſagt,
dieſen Steiß-Luxus des Glaͤubigers und Schuldners
hab' ich niemals zum Muſter angeprieſen; aber auf
der andern Seite muß doch jeder, der in den „Schulz
von Paris“ hineingeſehen, bekennen, daß die
Verſchwendung im Palais royal und an allen Hoͤfen
offenbar eben ſo groß iſt. Wie werd' ich vollends
ſolche Methodiſten von der ſtrengen Obſervanz auf
die Seite des Großvater- oder Sorgeſtuhls Wuzens
bringen, der mit vier hoͤlzernen Loͤwentatzen die Er¬
de ergreift, welche mit vier Queerhoͤlzern — den
Siz-Konſolen munterer Finken und Gimpel — geſpon¬
ſelt ſind; und deſſen Haar-Chignon ſich mit einer
gebluͤmten ledernen Schwarte […]mehr als zu praͤch¬
tig beſohlet und welcher zwei hoͤlzerne behaarte Ar¬
me, die das Alter wie menſchliche, duͤrrer gemacht,
nach einem Inſaß ausſtreckt? . . . . Dieſes Fragzei¬
chen kann manchen, weil er den langen Perioden
vergeſſen, frappiren.

Das zinnene Tafel-Service, das der Paͤda¬
gog noch von ſeinem Fuͤrſtbiſchof holte, kann das
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[418/0428] man ſo weich auf den Raͤndern dieſer Stuͤhle auf¬ ſaß als truͤge man einen Doppelſteiß — wie geſagt, dieſen Steiß-Luxus des Glaͤubigers und Schuldners hab' ich niemals zum Muſter angeprieſen; aber auf der andern Seite muß doch jeder, der in den „Schulz von Paris“ hineingeſehen, bekennen, daß die Verſchwendung im Palais royal und an allen Hoͤfen offenbar eben ſo groß iſt. Wie werd' ich vollends ſolche Methodiſten von der ſtrengen Obſervanz auf die Seite des Großvater- oder Sorgeſtuhls Wuzens bringen, der mit vier hoͤlzernen Loͤwentatzen die Er¬ de ergreift, welche mit vier Queerhoͤlzern — den Siz-Konſolen munterer Finken und Gimpel — geſpon¬ ſelt ſind; und deſſen Haar-Chignon ſich mit einer gebluͤmten ledernen Schwarte mehr als zu praͤch¬ tig beſohlet und welcher zwei hoͤlzerne behaarte Ar¬ me, die das Alter wie menſchliche, duͤrrer gemacht, nach einem Inſaß ausſtreckt? . . . . Dieſes Fragzei¬ chen kann manchen, weil er den langen Perioden vergeſſen, frappiren. Das zinnene Tafel-Service, das der Paͤda¬ gog noch von ſeinem Fuͤrſtbiſchof holte, kann das Publikum beim Auktionsproklamator, wenns anders verſteigert wird, beſſer kennen lernen als bei mir:

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/428>, abgerufen am 22.11.2024.