Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.Warum ließ der Himmel gerade in die Jugend Seine Kanikularferien sind aber vielleicht nir¬ Warum ließ der Himmel gerade in die Jugend Seine Kanikularferien ſind aber vielleicht nir¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0401" n="391"/> <p>Warum ließ der Himmel gerade in die Jugend<lb/> das Luſtrum der Liebe fallen? Vielleicht weil man<lb/> gerade da in Alumneen, Schreibſtuben und andern<lb/> Gifthuͤtten keucht: da ſteigt die Liebe wie aufbluͤ¬<lb/> hendes Geſtraͤuch an den Fenſtern jener Marter¬<lb/> kammern empor und zeigt in ſchwankenden Schat¬<lb/> ten den großen Fruͤhling von auſſen. Denn Er und<lb/> ich, mein H. Praͤfektus und auch Sie, verdiente<lb/> Schuldiener des Alumneums, wir wollen mit ein¬<lb/> ander wetten, Sie ſollen uͤber den vergnuͤgten<lb/> Wuz ein Haͤrenhemd ziehen (im Grund hat er ei¬<lb/> nes an) — Sie ſollen ihn Ixions Rad und Syſi¬<lb/> phus Stein der Weiſen und den Laufwagen Ihres<lb/> Kindes bewegen laſſen — Sie ſollen ihn halb todt<lb/> hungern oder pruͤgeln laſſen — Sie ſollen einer ſo<lb/> elenden Wette wegen (welches ich Ihnen nicht zu¬<lb/> getrauet haͤtte) gegen ihn ganz des Teufels ſeyn:<lb/> Wuz bleibt doch Wuz und prakticirt ſich immer ſein<lb/> Biſchen verliebter Freude ins Herz, vollends in<lb/> den Hundstagen! —</p><lb/> <p>Seine Kanikularferien ſind aber vielleicht nir¬<lb/> gends deutlicher beſchrieben als in ſeinen „<hi rendition="#g">Wer¬<lb/> thers Freuden</hi>,“ die ſeine Biographen faſt nur<lb/> abzuſchreiben brauchen. — Er gieng da Sonntags<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [391/0401]
Warum ließ der Himmel gerade in die Jugend
das Luſtrum der Liebe fallen? Vielleicht weil man
gerade da in Alumneen, Schreibſtuben und andern
Gifthuͤtten keucht: da ſteigt die Liebe wie aufbluͤ¬
hendes Geſtraͤuch an den Fenſtern jener Marter¬
kammern empor und zeigt in ſchwankenden Schat¬
ten den großen Fruͤhling von auſſen. Denn Er und
ich, mein H. Praͤfektus und auch Sie, verdiente
Schuldiener des Alumneums, wir wollen mit ein¬
ander wetten, Sie ſollen uͤber den vergnuͤgten
Wuz ein Haͤrenhemd ziehen (im Grund hat er ei¬
nes an) — Sie ſollen ihn Ixions Rad und Syſi¬
phus Stein der Weiſen und den Laufwagen Ihres
Kindes bewegen laſſen — Sie ſollen ihn halb todt
hungern oder pruͤgeln laſſen — Sie ſollen einer ſo
elenden Wette wegen (welches ich Ihnen nicht zu¬
getrauet haͤtte) gegen ihn ganz des Teufels ſeyn:
Wuz bleibt doch Wuz und prakticirt ſich immer ſein
Biſchen verliebter Freude ins Herz, vollends in
den Hundstagen! —
Seine Kanikularferien ſind aber vielleicht nir¬
gends deutlicher beſchrieben als in ſeinen „Wer¬
thers Freuden,“ die ſeine Biographen faſt nur
abzuſchreiben brauchen. — Er gieng da Sonntags
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/401>, abgerufen am 23.07.2024. |