Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.Schwalben-Scharmuzieren über sich schoß er, froh Schwalben-Scharmuzieren uͤber ſich ſchoß er, froh <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0383" n="373"/> Schwalben-Scharmuzieren uͤber ſich ſchoß er, froh<lb/> uͤber die untere Entkleidung und das Deshabill<hi rendition="#aq">é</hi>e der<lb/> Beine, als ſchreiende Schwalbe herum und mauer¬<lb/> te ſich fuͤr ſein Junges — ein hoͤlzerner Weihnachts¬<lb/> hahn mit angepichten Federn wars — eine Koth-<lb/> Rotunda mit einem Schnabel von Holz und trug<lb/> hernach Bettſtroh und Bettfedern zu Neſt. Fuͤr ei¬<lb/> ne andere palingeneſierende Abendſtunde wurde ein<lb/> praͤchtiger Trinitatis (ich wolt' es gaͤbe 365 Trinita¬<lb/> tis) aufgehoben, wo er am Morgen im toͤnenden<lb/> Lenz um ihn und in ihm, mit laͤutendem Schluͤſſel-<lb/> Bund und durchs Dorf in den Garten ſtolzierte, ſich im<lb/> Thau abkuͤhlte und das gluͤhende Geſicht durch die<lb/> tropfende Johannisbeer-Staude draͤngte, ſich mit<lb/> dem hochſtaͤmmigen Graſe maaß und mit zwei ſchwa¬<lb/> chen Fingern die Roſen fuͤr den H. Senior und ſein<lb/> Kanzelpult abdrehte. An eben dieſem Trinitatis —<lb/> das war die zweite Schuͤſſel an dem naͤmlichen De¬<lb/> zember-Abend — quetſchete er, mit dem Sonnen¬<lb/> ſchein auf dem Ruͤcken, den Orgeltaſten den Choral<lb/> „Gott in der Hoͤh' ſei Ehr“ ein oder ab (mehr kann<lb/> er noch nicht) und ſtreckte die kurzen Beine mit ver¬<lb/> geblichen Approchen zur Parterre-Taſtatur hinunter<lb/> und der Vater riß fuͤr ihn die richtigen Regiſter her¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [373/0383]
Schwalben-Scharmuzieren uͤber ſich ſchoß er, froh
uͤber die untere Entkleidung und das Deshabillée der
Beine, als ſchreiende Schwalbe herum und mauer¬
te ſich fuͤr ſein Junges — ein hoͤlzerner Weihnachts¬
hahn mit angepichten Federn wars — eine Koth-
Rotunda mit einem Schnabel von Holz und trug
hernach Bettſtroh und Bettfedern zu Neſt. Fuͤr ei¬
ne andere palingeneſierende Abendſtunde wurde ein
praͤchtiger Trinitatis (ich wolt' es gaͤbe 365 Trinita¬
tis) aufgehoben, wo er am Morgen im toͤnenden
Lenz um ihn und in ihm, mit laͤutendem Schluͤſſel-
Bund und durchs Dorf in den Garten ſtolzierte, ſich im
Thau abkuͤhlte und das gluͤhende Geſicht durch die
tropfende Johannisbeer-Staude draͤngte, ſich mit
dem hochſtaͤmmigen Graſe maaß und mit zwei ſchwa¬
chen Fingern die Roſen fuͤr den H. Senior und ſein
Kanzelpult abdrehte. An eben dieſem Trinitatis —
das war die zweite Schuͤſſel an dem naͤmlichen De¬
zember-Abend — quetſchete er, mit dem Sonnen¬
ſchein auf dem Ruͤcken, den Orgeltaſten den Choral
„Gott in der Hoͤh' ſei Ehr“ ein oder ab (mehr kann
er noch nicht) und ſtreckte die kurzen Beine mit ver¬
geblichen Approchen zur Parterre-Taſtatur hinunter
und der Vater riß fuͤr ihn die richtigen Regiſter her¬
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/383>, abgerufen am 03.07.2024. |