und die zu endliche Seele gieng, in eine helle Freu¬ den-Thräne aufgelöset, auf der laufenden Welle weiter. -- Dieses Blumengefilde stieg unaufhalt¬ sam empor, dem erhöheten Paradiese entgegen und die durcheilte Himmelsluft schwang sich von oben herab und ihr Niederwehen faltete alle Blu¬ men auseinander und bog sie nicht. -- Aber oft gieng Gott in der dunkelsten Höhe weit über der wehenden Aue hinweg; wenn der Unendliche dann oben seine Unendlichkeit in zwei Wolken verhüllte, in eine blitzende oder die ewige Wahrheit, und in eine warm auf alles niederträufelnde und weinen¬ de oder die ewige Liebe: alsdann stand gehalten die steigende Au, der sinkende Aether, der nach¬ hallende Bach, das rege Blumenblatt; alsdann gab Gott das Zeichen, daß er vorübergehe, und eine unermeßliche Liebe zwang alle Seelen, in die¬ ser hohen Stille sich zu umarmen und keine sank an eine sondern alle an alle -- ein Wonne-Schlum¬ mer fiel wie ein Thau auf die Umarmung; aber wenn sie wieder aus einander erwachten, so gien¬ gen aus dem ganzen Blumenfelde Blitze, so rauch¬ ten alle Blüten, so sanken alle Blätter unter den Tropfen der warmen Wolke, so klangen alle Krüm¬
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und die zu endliche Seele gieng, in eine helle Freu¬ den-Thraͤne aufgeloͤſet, auf der laufenden Welle weiter. — Dieſes Blumengefilde ſtieg unaufhalt¬ ſam empor, dem erhoͤheten Paradieſe entgegen und die durcheilte Himmelsluft ſchwang ſich von oben herab und ihr Niederwehen faltete alle Blu¬ men auseinander und bog ſie nicht. — Aber oft gieng Gott in der dunkelſten Hoͤhe weit uͤber der wehenden Aue hinweg; wenn der Unendliche dann oben ſeine Unendlichkeit in zwei Wolken verhuͤllte, in eine blitzende oder die ewige Wahrheit, und in eine warm auf alles niedertraͤufelnde und weinen¬ de oder die ewige Liebe: alsdann ſtand gehalten die ſteigende Au, der ſinkende Aether, der nach¬ hallende Bach, das rege Blumenblatt; alsdann gab Gott das Zeichen, daß er voruͤbergehe, und eine unermeßliche Liebe zwang alle Seelen, in die¬ ſer hohen Stille ſich zu umarmen und keine ſank an eine ſondern alle an alle — ein Wonne-Schlum¬ mer fiel wie ein Thau auf die Umarmung; aber wenn ſie wieder aus einander erwachten, ſo gien¬ gen aus dem ganzen Blumenfelde Blitze, ſo rauch¬ ten alle Bluͤten, ſo ſanken alle Blaͤtter unter den Tropfen der warmen Wolke, ſo klangen alle Kruͤm¬
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und die zu endliche Seele gieng, in eine helle Freu¬
den-Thraͤne aufgeloͤſet, auf der laufenden Welle
weiter. — Dieſes Blumengefilde ſtieg unaufhalt¬
ſam empor, dem erhoͤheten Paradieſe entgegen
und die durcheilte Himmelsluft ſchwang ſich von
oben herab und ihr Niederwehen faltete alle Blu¬
men auseinander und bog ſie nicht. — Aber oft
gieng Gott in der dunkelſten Hoͤhe weit uͤber der
wehenden Aue hinweg; wenn der Unendliche dann
oben ſeine Unendlichkeit in zwei Wolken verhuͤllte,
in eine blitzende oder die ewige Wahrheit, und in
eine warm auf alles niedertraͤufelnde und weinen¬
de oder die ewige Liebe: alsdann ſtand gehalten
die ſteigende Au, der ſinkende Aether, der nach¬
hallende Bach, das rege Blumenblatt; alsdann
gab Gott das Zeichen, daß er voruͤbergehe, und
eine unermeßliche Liebe zwang alle Seelen, in die¬
ſer hohen Stille ſich zu umarmen und keine ſank
an eine ſondern alle an alle — ein Wonne-Schlum¬
mer fiel wie ein Thau auf die Umarmung; aber
wenn ſie wieder aus einander erwachten, ſo gien¬
gen aus dem ganzen Blumenfelde Blitze, ſo rauch¬
ten alle Bluͤten, ſo ſanken alle Blaͤtter unter den
Tropfen der warmen Wolke, ſo klangen alle Kruͤm¬
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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/330>, abgerufen am 16.02.2025.
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