Art Skepticismus oder Fohismus oder doch Apathie. Kehre lieber die litterarische Regel um und esse vielerlei, aber nicht viel (multum non multa.) Die Diätetik hat in Essen, Trinken, Schlafen etc. nichts über die Art, aber alles über den Grad zu befehlen. Höchstens hat jeder seinen eignen Re¬ genbogen, seinen eignen Glauben, seinen eignen Magen und seine eigne -- Diätetik. Und doch ist das alles nicht mein dritter Doktoranden-Para¬ graph, sondern erst das: bloß Bewegung des Körpers ist erster Unterarzt gegen Hypochondrie; -- und -- da ich schon Hypochondrie und Bewe¬ gung vereinigt im beweglichen tiers etat gesehen -- bloß Mangel aller Bewegung der Seele ist der er¬ ste Leibarzt gegen den ganzen Teufel. Leidenschaf¬ ten sind so ungesund wie [...]ihr Feind, das Den¬ ken, oder ihr Freund, das Dichten; bloß ihre sämmtliche Koalition ist noch giftiger."
"Unter den Leidenschaften -- fuhr er fort -- löset Kummer wie Thauwetter alle Kräfte auf -- so wie Vergnügen unter allen Nerven-Aphrodisiaka das stärkste ist. -- Jezt will ich alle deine medizi¬ nischen Schnitzer und Waldfrevel auf Einen Hau¬
2. Theil. S
Art Skepticismus oder Fohiſmus oder doch Apathie. Kehre lieber die litterariſche Regel um und eſſe vielerlei, aber nicht viel (multum non multa.) Die Diaͤtetik hat in Eſſen, Trinken, Schlafen ꝛc. nichts uͤber die Art, aber alles uͤber den Grad zu befehlen. Hoͤchſtens hat jeder ſeinen eignen Re¬ genbogen, ſeinen eignen Glauben, ſeinen eignen Magen und ſeine eigne — Diaͤtetik. Und doch iſt das alles nicht mein dritter Doktoranden-Para¬ graph, ſondern erſt das: bloß Bewegung des Koͤrpers iſt erſter Unterarzt gegen Hypochondrie; — und — da ich ſchon Hypochondrie und Bewe¬ gung vereinigt im beweglichen tiers état geſehen — bloß Mangel aller Bewegung der Seele iſt der er¬ ſte Leibarzt gegen den ganzen Teufel. Leidenſchaf¬ ten ſind ſo ungeſund wie […]ihr Feind, das Den¬ ken, oder ihr Freund, das Dichten; bloß ihre ſaͤmmtliche Koalition iſt noch giftiger.“
„Unter den Leidenſchaften — fuhr er fort — loͤſet Kummer wie Thauwetter alle Kraͤfte auf — ſo wie Vergnuͤgen unter allen Nerven-Aphrodiſiaka das ſtaͤrkſte iſt. — Jezt will ich alle deine medizi¬ niſchen Schnitzer und Waldfrevel auf Einen Hau¬
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Art Skepticismus oder Fohiſmus oder doch Apathie.
Kehre lieber die litterariſche Regel um und eſſe
vielerlei, aber nicht viel (multum non multa.)
Die Diaͤtetik hat in Eſſen, Trinken, Schlafen ꝛc.
nichts uͤber die Art, aber alles uͤber den Grad
zu befehlen. Hoͤchſtens hat jeder ſeinen eignen Re¬
genbogen, ſeinen eignen Glauben, ſeinen eignen
Magen und ſeine eigne — Diaͤtetik. Und doch iſt
das alles nicht mein dritter Doktoranden-Para¬
graph, ſondern erſt das: bloß Bewegung des
Koͤrpers iſt erſter Unterarzt gegen Hypochondrie;
— und — da ich ſchon Hypochondrie und Bewe¬
gung vereinigt im beweglichen tiers état geſehen —
bloß Mangel aller Bewegung der Seele iſt der er¬
ſte Leibarzt gegen den ganzen Teufel. Leidenſchaf¬
ten ſind ſo ungeſund wie ihr Feind, das Den¬
ken, oder ihr Freund, das Dichten; bloß ihre
ſaͤmmtliche Koalition iſt noch giftiger.“
„Unter den Leidenſchaften — fuhr er fort —
loͤſet Kummer wie Thauwetter alle Kraͤfte auf —
ſo wie Vergnuͤgen unter allen Nerven-Aphrodiſiaka
das ſtaͤrkſte iſt. — Jezt will ich alle deine medizi¬
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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/283>, abgerufen am 18.05.2024.
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