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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.

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häßliche Gedanken rückten vor mir grinzend vor¬
über, die kein Gesunder kennt, keiner nachschaft,
keiner erträgt, und die bloß liegende Krankensee¬
len anbellen. Wäre kein Schöpfer: so müst' ich
vor den verborgnen Angst-Saiten erzittern, die
im Menschen aufgezogen sind und an denen ein
feindseliges Wesen reissen könnte. Aber nein! du
allgütiges Wesen! du hältst deine Hand über un¬
sre Anlage zur Quaal und legest das Erden-Herz,
worüber diese Saiten aufgewunden sind, ausein¬
ander, wenn sie zu heftig beben! . . .

Der Kampf meiner Natur wurde endlich zu
einem ohnmächtigen Schlummer, aus dem so vie¬
le bloß erwachen, um unter der Erde zu sterben.
Darin trug man mich in die isolierte Kirche! der
Fürst und mein Spitz waren mit dabei; aber bloß
der erstere gieng wieder. Ich lag vielleicht die hal¬
be Nacht, bis das Leben durch mich zuckte. Mein
erster Gedanke riß der Seele immer auseinander.
Von ungefähr trat der Hund auf mein Gesicht:
plötzlich senkte sich eine Beklemmung, wie wenn
eine Riesenhand meine Brust böge, tief auf mich
herein und ein Sargdeckel schien mir wie ein auf¬
gehobnes Rad über mir zu stehen . . . Schon die

haͤßliche Gedanken ruͤckten vor mir grinzend vor¬
uͤber, die kein Geſunder kennt, keiner nachſchaft,
keiner ertraͤgt, und die bloß liegende Krankenſee¬
len anbellen. Waͤre kein Schoͤpfer: ſo muͤſt' ich
vor den verborgnen Angſt-Saiten erzittern, die
im Menſchen aufgezogen ſind und an denen ein
feindſeliges Weſen reiſſen koͤnnte. Aber nein! du
allguͤtiges Weſen! du haͤltſt deine Hand uͤber un¬
ſre Anlage zur Quaal und legeſt das Erden-Herz,
woruͤber dieſe Saiten aufgewunden ſind, ausein¬
ander, wenn ſie zu heftig beben! . . .

Der Kampf meiner Natur wurde endlich zu
einem ohnmaͤchtigen Schlummer, aus dem ſo vie¬
le bloß erwachen, um unter der Erde zu ſterben.
Darin trug man mich in die iſolierte Kirche! der
Fuͤrſt und mein Spitz waren mit dabei; aber bloß
der erſtere gieng wieder. Ich lag vielleicht die hal¬
be Nacht, bis das Leben durch mich zuckte. Mein
erſter Gedanke riß der Seele immer auseinander.
Von ungefaͤhr trat der Hund auf mein Geſicht:
ploͤtzlich ſenkte ſich eine Beklemmung, wie wenn
eine Rieſenhand meine Bruſt boͤge, tief auf mich
herein und ein Sargdeckel ſchien mir wie ein auf¬
gehobnes Rad uͤber mir zu ſtehen . . . Schon die

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[138/0148] haͤßliche Gedanken ruͤckten vor mir grinzend vor¬ uͤber, die kein Geſunder kennt, keiner nachſchaft, keiner ertraͤgt, und die bloß liegende Krankenſee¬ len anbellen. Waͤre kein Schoͤpfer: ſo muͤſt' ich vor den verborgnen Angſt-Saiten erzittern, die im Menſchen aufgezogen ſind und an denen ein feindſeliges Weſen reiſſen koͤnnte. Aber nein! du allguͤtiges Weſen! du haͤltſt deine Hand uͤber un¬ ſre Anlage zur Quaal und legeſt das Erden-Herz, woruͤber dieſe Saiten aufgewunden ſind, ausein¬ ander, wenn ſie zu heftig beben! . . . Der Kampf meiner Natur wurde endlich zu einem ohnmaͤchtigen Schlummer, aus dem ſo vie¬ le bloß erwachen, um unter der Erde zu ſterben. Darin trug man mich in die iſolierte Kirche! der Fuͤrſt und mein Spitz waren mit dabei; aber bloß der erſtere gieng wieder. Ich lag vielleicht die hal¬ be Nacht, bis das Leben durch mich zuckte. Mein erſter Gedanke riß der Seele immer auseinander. Von ungefaͤhr trat der Hund auf mein Geſicht: ploͤtzlich ſenkte ſich eine Beklemmung, wie wenn eine Rieſenhand meine Bruſt boͤge, tief auf mich herein und ein Sargdeckel ſchien mir wie ein auf¬ gehobnes Rad uͤber mir zu ſtehen . . . Schon die

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/148>, abgerufen am 22.11.2024.