Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.Ottomar hatte dieselbe Stunde nach seinem Be¬ "Ich bin seitdem lebendig begraben worden. Weist du nicht mehr, wie ich mich von jeher Ottomar hatte dieſelbe Stunde nach ſeinem Be¬ „Ich bin ſeitdem lebendig begraben worden. Weiſt du nicht mehr, wie ich mich von jeher <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0146" n="136"/> Ottomar hatte dieſelbe Stunde <hi rendition="#g">nach</hi> ſeinem Be¬<lb/> graͤbniß und beſchreibt ſie dem Doktor ſo:</p><lb/> <p>„Ich bin ſeitdem lebendig begraben worden.<lb/> „Ich habe mit dem Tode geredet und er hat mich<lb/> verſichert, es gebe weiter nichts als ihn — da ich<lb/> aus meinem Sarg heraus war, ſo hat er die gan¬<lb/> ze Erde dafuͤr hineingelegt und mein Bisgen Freu¬<lb/> de oben darauf. . . . Ach guter Fenk! wie bin<lb/> ich veraͤndert! komm nur bald zuruͤck; ſeitdem<lb/> ſtehen vor mir alle Stunden wie leere Graͤber<lb/> hin, die mich oder meine Freunde auffangen! Ich<lb/> hab' es wohl gehoͤrt, wer meine Hand noch ein¬<lb/> mal am Sarge gedruͤckt. . . . komm recht bald<lb/> Theurer!</p><lb/> <p>Weiſt du nicht mehr, wie ich mich von jeher<lb/> vor dem lebendigen Begraͤbniß gefuͤrchtet? mitten<lb/> im Einſchlafen fuhr ich oft auf, weil mir einfiel,<lb/> ich koͤnnte ohnmaͤchtig und ſo beerdigt werden und<lb/> meine aufwollenden Arme triebe der Sargdeckel<lb/> nieder. Auf Reiſen drohte ich uͤberall, wo ich<lb/> kraͤnklich wurde, ich wollte ſie<choice><sic> ihnen</sic><corr type="corrigenda"/></choice>, wenn ſie<lb/> mich innerhalb 8 Tagen beiſetzten, als Revenant<lb/> erſchrecken. Dieſe Furcht war mein Gluͤck: ſonſt<lb/> haͤtte mich mein Sarg getoͤdtet.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [136/0146]
Ottomar hatte dieſelbe Stunde nach ſeinem Be¬
graͤbniß und beſchreibt ſie dem Doktor ſo:
„Ich bin ſeitdem lebendig begraben worden.
„Ich habe mit dem Tode geredet und er hat mich
verſichert, es gebe weiter nichts als ihn — da ich
aus meinem Sarg heraus war, ſo hat er die gan¬
ze Erde dafuͤr hineingelegt und mein Bisgen Freu¬
de oben darauf. . . . Ach guter Fenk! wie bin
ich veraͤndert! komm nur bald zuruͤck; ſeitdem
ſtehen vor mir alle Stunden wie leere Graͤber
hin, die mich oder meine Freunde auffangen! Ich
hab' es wohl gehoͤrt, wer meine Hand noch ein¬
mal am Sarge gedruͤckt. . . . komm recht bald
Theurer!
Weiſt du nicht mehr, wie ich mich von jeher
vor dem lebendigen Begraͤbniß gefuͤrchtet? mitten
im Einſchlafen fuhr ich oft auf, weil mir einfiel,
ich koͤnnte ohnmaͤchtig und ſo beerdigt werden und
meine aufwollenden Arme triebe der Sargdeckel
nieder. Auf Reiſen drohte ich uͤberall, wo ich
kraͤnklich wurde, ich wollte ſie, wenn ſie
mich innerhalb 8 Tagen beiſetzten, als Revenant
erſchrecken. Dieſe Furcht war mein Gluͤck: ſonſt
haͤtte mich mein Sarg getoͤdtet.
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/146>, abgerufen am 23.07.2024. |