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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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trauernden Fürstin einsam durch seine Werke wan¬
deln und ich gehe mit ihm und fühle was er füh¬
let und ich weine noch eher als er. -- Wenn ich
unter dem schönsten blauesten Tage stehe: so schau'
ich sehnend auf zur Sonne und nachher rings um
den Horizont herum und denke: "ach wenn du
deinen Bogen herunter gezogen bist, so hast du
doch auf keine Stelle der Erde geschienen, auf der
ich ganz glücklich seyn könnte bis zu deinem Abend¬
roth; -- wenn die Sonne hinunter und der Mond
herauf ist: so findet er, daß sie mir nicht viel
gegeben." . . . Theure Freundin! verübeln Sie
mir diesen Ton nicht; schreiben Sie ihn einer
Krankheit zu, die mich allemal hinter diesem Vor¬
bothen anwandelt. O könnt' ich Sie mit meinem
Arme an mich ketten: so wär' ich vielleicht auch
nicht so. Glückliche Philippine! aus deren Munde
schon wieder der Witz lächelnd flattert, wenn noch
über ihm das Aug' voll Wasser steht, wie die ein¬
zige Balsampappel in unserem Park Gewürzdüfte
ausathmet, indeß noch die warmen Regentro¬
pfen von ihr fallen. -- Alles ziehet von mir weg,
Bilder sogar; ein todtes stummes Farbenbild hin¬
ter einer Glaßthür war der ganze Bruder, den

trauernden Fuͤrſtin einſam durch ſeine Werke wan¬
deln und ich gehe mit ihm und fuͤhle was er fuͤh¬
let und ich weine noch eher als er. — Wenn ich
unter dem ſchoͤnſten blaueſten Tage ſtehe: ſo ſchau'
ich ſehnend auf zur Sonne und nachher rings um
den Horizont herum und denke: „ach wenn du
deinen Bogen herunter gezogen biſt, ſo haſt du
doch auf keine Stelle der Erde geſchienen, auf der
ich ganz gluͤcklich ſeyn koͤnnte bis zu deinem Abend¬
roth; — wenn die Sonne hinunter und der Mond
herauf iſt: ſo findet er, daß ſie mir nicht viel
gegeben.“ . . . Theure Freundin! veruͤbeln Sie
mir dieſen Ton nicht; ſchreiben Sie ihn einer
Krankheit zu, die mich allemal hinter dieſem Vor¬
bothen anwandelt. O koͤnnt' ich Sie mit meinem
Arme an mich ketten: ſo waͤr' ich vielleicht auch
nicht ſo. Gluͤckliche Philippine! aus deren Munde
ſchon wieder der Witz laͤchelnd flattert, wenn noch
uͤber ihm das Aug' voll Waſſer ſteht, wie die ein¬
zige Balſampappel in unſerem Park Gewuͤrzduͤfte
ausathmet, indeß noch die warmen Regentro¬
pfen von ihr fallen. — Alles ziehet von mir weg,
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[324/0360] trauernden Fuͤrſtin einſam durch ſeine Werke wan¬ deln und ich gehe mit ihm und fuͤhle was er fuͤh¬ let und ich weine noch eher als er. — Wenn ich unter dem ſchoͤnſten blaueſten Tage ſtehe: ſo ſchau' ich ſehnend auf zur Sonne und nachher rings um den Horizont herum und denke: „ach wenn du deinen Bogen herunter gezogen biſt, ſo haſt du doch auf keine Stelle der Erde geſchienen, auf der ich ganz gluͤcklich ſeyn koͤnnte bis zu deinem Abend¬ roth; — wenn die Sonne hinunter und der Mond herauf iſt: ſo findet er, daß ſie mir nicht viel gegeben.“ . . . Theure Freundin! veruͤbeln Sie mir dieſen Ton nicht; ſchreiben Sie ihn einer Krankheit zu, die mich allemal hinter dieſem Vor¬ bothen anwandelt. O koͤnnt' ich Sie mit meinem Arme an mich ketten: ſo waͤr' ich vielleicht auch nicht ſo. Gluͤckliche Philippine! aus deren Munde ſchon wieder der Witz laͤchelnd flattert, wenn noch uͤber ihm das Aug' voll Waſſer ſteht, wie die ein¬ zige Balſampappel in unſerem Park Gewuͤrzduͤfte ausathmet, indeß noch die warmen Regentro¬ pfen von ihr fallen. — Alles ziehet von mir weg, Bilder ſogar; ein todtes ſtummes Farbenbild hin¬ ter einer Glaßthuͤr war der ganze Bruder, den

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/360>, abgerufen am 23.11.2024.