Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.ten Gründen ärgerlich sind. Ich bin ärgerlich, weil kul
ten Gruͤnden aͤrgerlich ſind. Ich bin aͤrgerlich, weil kul
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0340" n="304"/> ten Gruͤnden aͤrgerlich ſind. Ich bin aͤrgerlich, weil<lb/> ich das Leben, wenigſtens die Ehre von einigen<lb/> hundert Menſchen nicht in den Haͤnden eines gan¬<lb/> zen roͤmiſchen Volks ſondern eines Amtmanns ꝛc.<lb/> ſehe — der Erb- Lehn- und Gerichtsherr iſt aͤrger¬<lb/> lich, weil der Blutbann nichts eintraͤgt, da es<lb/> mehr koſtet das Richtſchwerdt ſchleifen zu laſſen<lb/> als alles abwirft, was damit in den Beutel her¬<lb/> einzumaͤhen iſt. „Ehebruch iſt fuͤr eine malefiziſche<lb/> Obrigkeit noch das einzige!” ſagt der Erbherr. —<lb/> Ganz das Gegentheil ſagte ſein Gerichtshalter <hi rendition="#g">Kolb</hi>:<lb/> hohe Frais war ſeine hohe Oper, peinliche Akten<lb/> waren ihm Klopſtocks Geſaͤnge und ein Scherge ſein<lb/> Oreſt und Sancho Panſa — er haͤtte die Welt in<lb/> zwei Reihen zertheilet, in die aufhaͤngende und in<lb/> die aufgehangne Reihe und er waͤre Kriminaliſt ge¬<lb/> blieben — ein unraſirter Malefikant im Karzer war<lb/> ihm ein ſineſiſches Goldfiſchchen in einer glaͤſernen<lb/> Bowle, beide wurden Gaͤſten produzirt — freie<lb/> Spitzbuben-Puͤrſch nur in einem Paar Welttheilen<lb/> waͤre ſeine Sache und Luſt — mich haßte er auf<lb/> den Tod, weil ich ihm einmal einen vom Tode<lb/> ins Zuchthaus wegdefendiret hatte — er beſaß die<lb/> Mortalitaͤtsliſten aller Juſtifizirten und eine Matri¬<lb/> <fw place="bottom" type="catch">kul<lb/></fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [304/0340]
ten Gruͤnden aͤrgerlich ſind. Ich bin aͤrgerlich, weil
ich das Leben, wenigſtens die Ehre von einigen
hundert Menſchen nicht in den Haͤnden eines gan¬
zen roͤmiſchen Volks ſondern eines Amtmanns ꝛc.
ſehe — der Erb- Lehn- und Gerichtsherr iſt aͤrger¬
lich, weil der Blutbann nichts eintraͤgt, da es
mehr koſtet das Richtſchwerdt ſchleifen zu laſſen
als alles abwirft, was damit in den Beutel her¬
einzumaͤhen iſt. „Ehebruch iſt fuͤr eine malefiziſche
Obrigkeit noch das einzige!” ſagt der Erbherr. —
Ganz das Gegentheil ſagte ſein Gerichtshalter Kolb:
hohe Frais war ſeine hohe Oper, peinliche Akten
waren ihm Klopſtocks Geſaͤnge und ein Scherge ſein
Oreſt und Sancho Panſa — er haͤtte die Welt in
zwei Reihen zertheilet, in die aufhaͤngende und in
die aufgehangne Reihe und er waͤre Kriminaliſt ge¬
blieben — ein unraſirter Malefikant im Karzer war
ihm ein ſineſiſches Goldfiſchchen in einer glaͤſernen
Bowle, beide wurden Gaͤſten produzirt — freie
Spitzbuben-Puͤrſch nur in einem Paar Welttheilen
waͤre ſeine Sache und Luſt — mich haßte er auf
den Tod, weil ich ihm einmal einen vom Tode
ins Zuchthaus wegdefendiret hatte — er beſaß die
Mortalitaͤtsliſten aller Juſtifizirten und eine Matri¬
kul
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/340>, abgerufen am 23.07.2024. |