Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.nen: so werden sie gezwungen, nicht Empfindung Ich verstehe deine verliebte Fragartikel recht nen: ſo werden ſie gezwungen, nicht Empfindung Ich verſtehe deine verliebte Fragartikel recht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0284" n="248"/> nen: ſo werden ſie gezwungen, nicht Empfindung<lb/> aber den Ausdruck derſelben vorzuheucheln. Ihr<lb/> Vater will fuͤr jedes ſeiner Geſchenke, deren Werth<lb/> er bis zu Apothekergranen auswiegt, eine ſprin¬<lb/> gende Freude; ſie hingegen fuͤhlt hoͤchſtens ſpaͤter<lb/> eine: aber die Erſcheinung irgend eines Gluͤcks ſel¬<lb/> ber erhellet ihr auf einmal alle traurige Tage, die<lb/> wie Graͤber in ihrer Erinnerung liegen. Auch an<lb/> dieſer Beata ſeh' ichs wieder, daß der weibliche<lb/> Leib und Geiſt zu zart und zu wallend, zu fein<lb/> und zu feurig fuͤr geiſtige Anſtrengung und fuͤr Lek¬<lb/> tuͤre ſind und daß beide ſich nur durch die immer¬<lb/> waͤhrende Zerſtreuung der haͤuslichen Arbeit erhal¬<lb/> ten: die hoͤhern Weiber erkranken weniger an ih¬<lb/> rer Diaͤt als an ihren exzentriſchen Empfindungen,<lb/> die ihre Nerven wie den Silberdrath durch immer<lb/> engere Loͤcher treiben und ſie aus Fadennudeln in<lb/> geometriſche Linien zerdehnen. Eine Frau, wenn<lb/> ſie <hi rendition="#g">Klingers</hi> Genie haͤtte, ſtuͤrbe wenn ſie da¬<lb/> mit eines ſeiner Stuͤcke machte, im fuͤnften Akte<lb/> ſelber mit nach.</p><lb/> <p>Ich verſtehe deine verliebte Fragartikel recht<lb/> gut: freilich ſteigt der geheime Legationsrath von<lb/><hi rendition="#g">Oefel</hi> hier oft aus. Er ſcheint zwar keine zaͤrtli¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [248/0284]
nen: ſo werden ſie gezwungen, nicht Empfindung
aber den Ausdruck derſelben vorzuheucheln. Ihr
Vater will fuͤr jedes ſeiner Geſchenke, deren Werth
er bis zu Apothekergranen auswiegt, eine ſprin¬
gende Freude; ſie hingegen fuͤhlt hoͤchſtens ſpaͤter
eine: aber die Erſcheinung irgend eines Gluͤcks ſel¬
ber erhellet ihr auf einmal alle traurige Tage, die
wie Graͤber in ihrer Erinnerung liegen. Auch an
dieſer Beata ſeh' ichs wieder, daß der weibliche
Leib und Geiſt zu zart und zu wallend, zu fein
und zu feurig fuͤr geiſtige Anſtrengung und fuͤr Lek¬
tuͤre ſind und daß beide ſich nur durch die immer¬
waͤhrende Zerſtreuung der haͤuslichen Arbeit erhal¬
ten: die hoͤhern Weiber erkranken weniger an ih¬
rer Diaͤt als an ihren exzentriſchen Empfindungen,
die ihre Nerven wie den Silberdrath durch immer
engere Loͤcher treiben und ſie aus Fadennudeln in
geometriſche Linien zerdehnen. Eine Frau, wenn
ſie Klingers Genie haͤtte, ſtuͤrbe wenn ſie da¬
mit eines ſeiner Stuͤcke machte, im fuͤnften Akte
ſelber mit nach.
Ich verſtehe deine verliebte Fragartikel recht
gut: freilich ſteigt der geheime Legationsrath von
Oefel hier oft aus. Er ſcheint zwar keine zaͤrtli¬
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/284>, abgerufen am 27.07.2024. |