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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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Ich bin zwar selber täglich in Maussenbach und
advozire; aber der Knicker nimmt keine uneigen¬
nützige Gründe an: und sonst hat Röper für al¬
les andre Gefühl und Vernunft. Es wird einmal
eine Zeit kommen, wo man unsre vergangne Dumm¬
heit so wenig begreifen wird als wir künftige Weis¬
heit, ich meine wo man nicht bloß wie jetzt keine
Bettler sondern auch keine Reichen dulden wird.

Vom Vater einer schönen Tochter zwingt man
sich gut zu denken. Ich nöthige mich auch: an
deiner Klavierschülerin Beata sahest du nur die grü¬
nen Blätter unter der Knospe; jetzt könntest du
die aufbrechenden Rosenblätter selber sehen und den
Duft-Nimbus darum. Eine solche Tochter eines
solchen Vaters! d. h. die Rose blüht auf einem
schwarzen stechenden den Schmutz aussaugenden
Stengel.

Ich bin dort, sie zu heilen, der Alte will
für sein Geld was haben; aber in Maussenbach
bedenkt kein Mensch, daß der Abt Galliani, den man
vier Tage vor meiner Abreise begrub, gesagt hat,
daß die Weiber ewige Kranke sind. Aber bloß an
Nerven: die Gefühlvollsten sind die Kränklichsten;
die Vernünftigsten oder Kältesten sind die Gesünde¬

Ich bin zwar ſelber taͤglich in Mauſſenbach und
advozire; aber der Knicker nimmt keine uneigen¬
nuͤtzige Gruͤnde an: und ſonſt hat Roͤper fuͤr al¬
les andre Gefuͤhl und Vernunft. Es wird einmal
eine Zeit kommen, wo man unſre vergangne Dumm¬
heit ſo wenig begreifen wird als wir kuͤnftige Weis¬
heit, ich meine wo man nicht bloß wie jetzt keine
Bettler ſondern auch keine Reichen dulden wird.

Vom Vater einer ſchoͤnen Tochter zwingt man
ſich gut zu denken. Ich noͤthige mich auch: an
deiner Klavierſchuͤlerin Beata ſaheſt du nur die gruͤ¬
nen Blaͤtter unter der Knoſpe; jetzt koͤnnteſt du
die aufbrechenden Roſenblaͤtter ſelber ſehen und den
Duft-Nimbus darum. Eine ſolche Tochter eines
ſolchen Vaters! d. h. die Roſe bluͤht auf einem
ſchwarzen ſtechenden den Schmutz ausſaugenden
Stengel.

Ich bin dort, ſie zu heilen, der Alte will
fuͤr ſein Geld was haben; aber in Mauſſenbach
bedenkt kein Menſch, daß der Abt Galliani, den man
vier Tage vor meiner Abreiſe begrub, geſagt hat,
daß die Weiber ewige Kranke ſind. Aber bloß an
Nerven: die Gefuͤhlvollſten ſind die Kraͤnklichſten;
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[242/0278] Ich bin zwar ſelber taͤglich in Mauſſenbach und advozire; aber der Knicker nimmt keine uneigen¬ nuͤtzige Gruͤnde an: und ſonſt hat Roͤper fuͤr al¬ les andre Gefuͤhl und Vernunft. Es wird einmal eine Zeit kommen, wo man unſre vergangne Dumm¬ heit ſo wenig begreifen wird als wir kuͤnftige Weis¬ heit, ich meine wo man nicht bloß wie jetzt keine Bettler ſondern auch keine Reichen dulden wird. Vom Vater einer ſchoͤnen Tochter zwingt man ſich gut zu denken. Ich noͤthige mich auch: an deiner Klavierſchuͤlerin Beata ſaheſt du nur die gruͤ¬ nen Blaͤtter unter der Knoſpe; jetzt koͤnnteſt du die aufbrechenden Roſenblaͤtter ſelber ſehen und den Duft-Nimbus darum. Eine ſolche Tochter eines ſolchen Vaters! d. h. die Roſe bluͤht auf einem ſchwarzen ſtechenden den Schmutz ausſaugenden Stengel. Ich bin dort, ſie zu heilen, der Alte will fuͤr ſein Geld was haben; aber in Mauſſenbach bedenkt kein Menſch, daß der Abt Galliani, den man vier Tage vor meiner Abreiſe begrub, geſagt hat, daß die Weiber ewige Kranke ſind. Aber bloß an Nerven: die Gefuͤhlvollſten ſind die Kraͤnklichſten; die Vernuͤnftigſten oder Kaͤlteſten ſind die Geſuͤnde¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/278>, abgerufen am 28.11.2024.