Buch "über die Ehe" oder Hamanns Schriften ma¬ chen wir durch tausend reine Werke wieder gut, wo der Witz nicht darin ist. Ich habe daher oft gedacht, so wie der Deutsche von seinen Vorzügen wenig weiß, so weiß er auch von dem nichts, daß er nicht überflüs¬ sigen Witz hat, ob gleich die Rezensenten mir und den Verfassern der Romane diesen Ueberfluß oft ge¬ nug vorwerfen; ich und diese Verfasser verlangen unpartheiische Richter hierüber; sogar diese sonst un¬ bedeutenden Rezensenten sind hierin einem Seneka und Rousseau, die beide den witzigen Styl verdamm¬ ten, bekämpften und doch haschten, zu ihrem Ruhm so wenig ähnlich, daß sie den Fehler des Witzes strenge an andern rügen und glücklich selber ver¬ meiden.
Meine zweite Antwort ist ernsthafter: eh der Körper des Menschen entwickelt ist, schadet ihm jede künstliche Entwicklung der Seele; philosophische An¬ strengung des Verstandes, dichterische der Phantasie zerrütten die junge Kraft selber und andre dazu. Bloß die Entwicklung des Witzes, an die man bei Kindern so selten denkt, ist die unschädlichste -- weil er nur in leichten flüchtigen Anstrengungen arbei¬ tet; -- die nützlichste -- weil er das neue Ideen¬
Buch „uͤber die Ehe“ oder Hamanns Schriften ma¬ chen wir durch tauſend reine Werke wieder gut, wo der Witz nicht darin iſt. Ich habe daher oft gedacht, ſo wie der Deutſche von ſeinen Vorzuͤgen wenig weiß, ſo weiß er auch von dem nichts, daß er nicht uͤberfluͤſ¬ ſigen Witz hat, ob gleich die Rezenſenten mir und den Verfaſſern der Romane dieſen Ueberfluß oft ge¬ nug vorwerfen; ich und dieſe Verfaſſer verlangen unpartheiiſche Richter hieruͤber; ſogar dieſe ſonſt un¬ bedeutenden Rezenſenten ſind hierin einem Seneka und Rouſſeau, die beide den witzigen Styl verdamm¬ ten, bekaͤmpften und doch haſchten, zu ihrem Ruhm ſo wenig aͤhnlich, daß ſie den Fehler des Witzes ſtrenge an andern ruͤgen und gluͤcklich ſelber ver¬ meiden.
Meine zweite Antwort iſt ernſthafter: eh der Koͤrper des Menſchen entwickelt iſt, ſchadet ihm jede kuͤnſtliche Entwicklung der Seele; philoſophiſche An¬ ſtrengung des Verſtandes, dichteriſche der Phantaſie zerruͤtten die junge Kraft ſelber und andre dazu. Bloß die Entwicklung des Witzes, an die man bei Kindern ſo ſelten denkt, iſt die unſchaͤdlichſte — weil er nur in leichten fluͤchtigen Anſtrengungen arbei¬ tet; — die nuͤtzlichſte — weil er das neue Ideen¬
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Buch „uͤber die Ehe“ oder Hamanns Schriften ma¬
chen wir durch tauſend reine Werke wieder gut, wo
der Witz nicht darin iſt. Ich habe daher oft gedacht,
ſo wie der Deutſche von ſeinen Vorzuͤgen wenig weiß,
ſo weiß er auch von dem nichts, daß er nicht uͤberfluͤſ¬
ſigen Witz hat, ob gleich die Rezenſenten mir und
den Verfaſſern der Romane dieſen Ueberfluß oft ge¬
nug vorwerfen; ich und dieſe Verfaſſer verlangen
unpartheiiſche Richter hieruͤber; ſogar dieſe ſonſt un¬
bedeutenden Rezenſenten ſind hierin einem Seneka
und Rouſſeau, die beide den witzigen Styl verdamm¬
ten, bekaͤmpften und doch haſchten, zu ihrem Ruhm
ſo wenig aͤhnlich, daß ſie den Fehler des Witzes
ſtrenge an andern ruͤgen und gluͤcklich ſelber ver¬
meiden.
Meine zweite Antwort iſt ernſthafter: eh der
Koͤrper des Menſchen entwickelt iſt, ſchadet ihm jede
kuͤnſtliche Entwicklung der Seele; philoſophiſche An¬
ſtrengung des Verſtandes, dichteriſche der Phantaſie
zerruͤtten die junge Kraft ſelber und andre dazu.
Bloß die Entwicklung des Witzes, an die man bei
Kindern ſo ſelten denkt, iſt die unſchaͤdlichſte — weil
er nur in leichten fluͤchtigen Anſtrengungen arbei¬
tet; — die nuͤtzlichſte — weil er das neue Ideen¬
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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/236>, abgerufen am 25.11.2024.
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