senken, so sehr, daß sie ganz aufschwölle und sich groß anschluckte von Logik, Politik und Statistik -- ich konnte mithin (wer wehrt' es) die Bein¬ wände seines Kopfes zu einem dürren Bücherbrett aushobeln, den lebendigen Kopf zu einem Silhou¬ ettenbrett, an dem sich gelehrte Köpfe abschatten, entzweidrücken, sein Herz hingegen war zu verar¬ beiten, aus einem Hochaltar der Natur zu einem Drathgestell des A. Testaments, aus einer Him¬ melskugel zu einem engen Paternosterkügelchen der Frömmelei, oder gar zu einer Schwimmblase der Intrigue -- wahrhaftig ich konnte ein Tropf seyn und ihn zu einen noch größern machen. . . .
Dich Trauten! Dich Arglosen, Freundlichen, der du dich mit deinem ganzen Schicksal, mit dei¬ ner ganzen Zukunft in meine Arme warfst! -- O es thut mir schon wehe, daß so viel von mir ab¬ hängt! --
Da aber vom Hofmeister meiner künftigen Kin¬ der eben so viel abhängt: so will ich für ihn hier folgendes pädagogische Regulativ drucken lassen, das er nicht übel nehmen kann, weil ich den guten Mann ja noch nicht kenne und nicht meine.
ſenken, ſo ſehr, daß ſie ganz aufſchwoͤlle und ſich groß anſchluckte von Logik, Politik und Statiſtik — ich konnte mithin (wer wehrt' es) die Bein¬ waͤnde ſeines Kopfes zu einem duͤrren Buͤcherbrett aushobeln, den lebendigen Kopf zu einem Silhou¬ ettenbrett, an dem ſich gelehrte Koͤpfe abſchatten, entzweidruͤcken, ſein Herz hingegen war zu verar¬ beiten, aus einem Hochaltar der Natur zu einem Drathgeſtell des A. Teſtaments, aus einer Him¬ melskugel zu einem engen Paternoſterkuͤgelchen der Froͤmmelei, oder gar zu einer Schwimmblaſe der Intrigue — wahrhaftig ich konnte ein Tropf ſeyn und ihn zu einen noch groͤßern machen. . . .
Dich Trauten! Dich Argloſen, Freundlichen, der du dich mit deinem ganzen Schickſal, mit dei¬ ner ganzen Zukunft in meine Arme warfſt! — O es thut mir ſchon wehe, daß ſo viel von mir ab¬ haͤngt! —
Da aber vom Hofmeiſter meiner kuͤnftigen Kin¬ der eben ſo viel abhaͤngt: ſo will ich fuͤr ihn hier folgendes paͤdagogiſche Regulativ drucken laſſen, das er nicht uͤbel nehmen kann, weil ich den guten Mann ja noch nicht kenne und nicht meine.
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ſenken, ſo ſehr, daß ſie ganz aufſchwoͤlle und ſich
groß anſchluckte von Logik, Politik und Statiſtik
— ich konnte mithin (wer wehrt' es) die Bein¬
waͤnde ſeines Kopfes zu einem duͤrren Buͤcherbrett
aushobeln, den lebendigen Kopf zu einem Silhou¬
ettenbrett, an dem ſich gelehrte Koͤpfe abſchatten,
entzweidruͤcken, ſein Herz hingegen war zu verar¬
beiten, aus einem Hochaltar der Natur zu einem
Drathgeſtell des A. Teſtaments, aus einer Him¬
melskugel zu einem engen Paternoſterkuͤgelchen der
Froͤmmelei, oder gar zu einer Schwimmblaſe der
Intrigue — wahrhaftig ich konnte ein Tropf ſeyn
und ihn zu einen noch groͤßern machen. . . .
Dich Trauten! Dich Argloſen, Freundlichen,
der du dich mit deinem ganzen Schickſal, mit dei¬
ner ganzen Zukunft in meine Arme warfſt! — O
es thut mir ſchon wehe, daß ſo viel von mir ab¬
haͤngt! —
Da aber vom Hofmeiſter meiner kuͤnftigen Kin¬
der eben ſo viel abhaͤngt: ſo will ich fuͤr ihn hier
folgendes paͤdagogiſche Regulativ drucken laſſen, das
er nicht uͤbel nehmen kann, weil ich den guten
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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/216>, abgerufen am 30.01.2025.
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