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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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Kutschenhimmel mit dem Thronhimmel. Der Ritt¬
meister hielt vor der Krönung eine Supplik bereit,
worin er so trotzig wie ein Sattler sein Geld ver¬
langte; nach der Krönung hatte der Fürst wie ein
Demant so viel Feuerglanz aus seiner Krone und
seinem Szepter eingeschluckt, daß sein Gläubiger
vom Gerichtshalter ein neues Memoriale machen
ließ und bloß um die Interessen anhielt. Da er
nichts bekam, nicht einmal eine Resolution: so
wollt' er mehr fordern. Denn er bedachte nicht,
daß unsere regierende Brodtherrn in Scheerau sel¬
ten Geld haben. Wenn wir außerordentliche Ge¬
sandschaften bekommen oder senden, wenn wir tau¬
fen oder begraben lassen, der Kriege gar nicht zu
erwähnen: so haben wir wenig oder nichts als --
Extrasteuern, diese metallischen Stützen und Klam¬
mern des mürben Thrones. In dem Kammerbeu¬
tel
deuten wir wie in der Heraldik das Silber
durch leeren Raum an.

Aber dem Schuldner und Gläubiger war bald
geholfen. Letzterer der Rittmeister, marschierte als
Zizerone mit seinem Gustav durch das Kadetten¬
haus und zeigte ihm alles, um ihm alles zu lo¬
ben, weil er mit seinem Kopf einmal in einen

Kutſchenhimmel mit dem Thronhimmel. Der Ritt¬
meiſter hielt vor der Kroͤnung eine Supplik bereit,
worin er ſo trotzig wie ein Sattler ſein Geld ver¬
langte; nach der Kroͤnung hatte der Fuͤrſt wie ein
Demant ſo viel Feuerglanz aus ſeiner Krone und
ſeinem Szepter eingeſchluckt, daß ſein Glaͤubiger
vom Gerichtshalter ein neues Memoriale machen
ließ und bloß um die Intereſſen anhielt. Da er
nichts bekam, nicht einmal eine Reſolution: ſo
wollt' er mehr fordern. Denn er bedachte nicht,
daß unſere regierende Brodtherrn in Scheerau ſel¬
ten Geld haben. Wenn wir außerordentliche Ge¬
ſandſchaften bekommen oder ſenden, wenn wir tau¬
fen oder begraben laſſen, der Kriege gar nicht zu
erwaͤhnen: ſo haben wir wenig oder nichts als —
Extraſteuern, dieſe metalliſchen Stuͤtzen und Klam¬
mern des muͤrben Thrones. In dem Kammerbeu¬
tel
deuten wir wie in der Heraldik das Silber
durch leeren Raum an.

Aber dem Schuldner und Glaͤubiger war bald
geholfen. Letzterer der Rittmeiſter, marſchierte als
Zizerone mit ſeinem Guſtav durch das Kadetten¬
haus und zeigte ihm alles, um ihm alles zu lo¬
ben, weil er mit ſeinem Kopf einmal in einen

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[155/0191] Kutſchenhimmel mit dem Thronhimmel. Der Ritt¬ meiſter hielt vor der Kroͤnung eine Supplik bereit, worin er ſo trotzig wie ein Sattler ſein Geld ver¬ langte; nach der Kroͤnung hatte der Fuͤrſt wie ein Demant ſo viel Feuerglanz aus ſeiner Krone und ſeinem Szepter eingeſchluckt, daß ſein Glaͤubiger vom Gerichtshalter ein neues Memoriale machen ließ und bloß um die Intereſſen anhielt. Da er nichts bekam, nicht einmal eine Reſolution: ſo wollt' er mehr fordern. Denn er bedachte nicht, daß unſere regierende Brodtherrn in Scheerau ſel¬ ten Geld haben. Wenn wir außerordentliche Ge¬ ſandſchaften bekommen oder ſenden, wenn wir tau¬ fen oder begraben laſſen, der Kriege gar nicht zu erwaͤhnen: ſo haben wir wenig oder nichts als — Extraſteuern, dieſe metalliſchen Stuͤtzen und Klam¬ mern des muͤrben Thrones. In dem Kammerbeu¬ tel deuten wir wie in der Heraldik das Silber durch leeren Raum an. Aber dem Schuldner und Glaͤubiger war bald geholfen. Letzterer der Rittmeiſter, marſchierte als Zizerone mit ſeinem Guſtav durch das Kadetten¬ haus und zeigte ihm alles, um ihm alles zu lo¬ ben, weil er mit ſeinem Kopf einmal in einen

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/191>, abgerufen am 07.05.2024.