"Henken sollte man dich, sagte der Rittmeister zu seinem Kerl -- arme Diebe ins Unglück zu brin¬ gen, die keinem Menschen etwas nehmen sondern nur Kirchen." -- "Aber für solche Schuften (sagt' ich) gehört doch auch keine Hoftrauer, des Auf¬ wands wegen. Warum darf man überhaupt nicht seinen leiblichen Vater, aber wohl den Landesvater betrauern? -- Oder warum verstattet die Kammer den Landeskindern noch das Weinen, da doch das die Thränendrüsen des Staats erschöpft und da die Thränen noch steuerfrei sind?" --
"Sie greifen zu weit, sagte der Rittmeister; gerade so wie bisher muß die zeitige Regierung bleiben, wenn sie sich von allen vorigen durch die Sorgfalt auszeichnen soll, womit sie über unsern Flor, über alle unsere Pfennige und Pulsschläge wacht."
"Die Negermarketender (sagte der Doktor, aber unpassend genug) wachen noch mehr; einen Skla¬ venhandelsmann kümmert die Unpäßlichkeit seines solchen Stück -- Menschen oder Sklaven mehr als seine Frau ihre. Sogar Motion und Tanz soll sein menschlicher Viehstand haben und er prügelt ihn dazu."
„Henken ſollte man dich, ſagte der Rittmeiſter zu ſeinem Kerl — arme Diebe ins Ungluͤck zu brin¬ gen, die keinem Menſchen etwas nehmen ſondern nur Kirchen.“ — „Aber fuͤr ſolche Schuften (ſagt' ich) gehoͤrt doch auch keine Hoftrauer, des Auf¬ wands wegen. Warum darf man uͤberhaupt nicht ſeinen leiblichen Vater, aber wohl den Landesvater betrauern? — Oder warum verſtattet die Kammer den Landeskindern noch das Weinen, da doch das die Thraͤnendruͤſen des Staats erſchoͤpft und da die Thraͤnen noch ſteuerfrei ſind?“ —
„Sie greifen zu weit, ſagte der Rittmeiſter; gerade ſo wie bisher muß die zeitige Regierung bleiben, wenn ſie ſich von allen vorigen durch die Sorgfalt auszeichnen ſoll, womit ſie uͤber unſern Flor, uͤber alle unſere Pfennige und Pulsſchlaͤge wacht.“
„Die Negermarketender (ſagte der Doktor, aber unpaſſend genug) wachen noch mehr; einen Skla¬ venhandelsmann kuͤmmert die Unpaͤßlichkeit ſeines ſolchen Stuͤck — Menſchen oder Sklaven mehr als ſeine Frau ihre. Sogar Motion und Tanz ſoll ſein menſchlicher Viehſtand haben und er pruͤgelt ihn dazu.“
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„Henken ſollte man dich, ſagte der Rittmeiſter
zu ſeinem Kerl — arme Diebe ins Ungluͤck zu brin¬
gen, die keinem Menſchen etwas nehmen ſondern
nur Kirchen.“ — „Aber fuͤr ſolche Schuften (ſagt'
ich) gehoͤrt doch auch keine Hoftrauer, des Auf¬
wands wegen. Warum darf man uͤberhaupt nicht
ſeinen leiblichen Vater, aber wohl den Landesvater
betrauern? — Oder warum verſtattet die Kammer
den Landeskindern noch das Weinen, da doch das
die Thraͤnendruͤſen des Staats erſchoͤpft und da
die Thraͤnen noch ſteuerfrei ſind?“ —
„Sie greifen zu weit, ſagte der Rittmeiſter;
gerade ſo wie bisher muß die zeitige Regierung
bleiben, wenn ſie ſich von allen vorigen durch die
Sorgfalt auszeichnen ſoll, womit ſie uͤber unſern
Flor, uͤber alle unſere Pfennige und Pulsſchlaͤge
wacht.“
„Die Negermarketender (ſagte der Doktor, aber
unpaſſend genug) wachen noch mehr; einen Skla¬
venhandelsmann kuͤmmert die Unpaͤßlichkeit ſeines
ſolchen Stuͤck — Menſchen oder Sklaven mehr als
ſeine Frau ihre. Sogar Motion und Tanz ſoll
ſein menſchlicher Viehſtand haben und er pruͤgelt
ihn dazu.“
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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/189>, abgerufen am 07.05.2024.
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