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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809.

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der Unterschrift: Theudobach von Nieß. Ihr
Herz quoll, ihr Auge quoll. "Was hatt' ich
ihm gethan, rief es in ihr, daß er mein Herz
so nahe aushorchte -- daß er mich zu einem
öffentlichen Irrthum verlockte und daß ich be-
schämt dem Volks-Lächeln Preis gegeben bin;
was hatt' ich ihm gethan?" Sie dauerte der
edle Mann neben ihr, als ob sie und der Poet
zusammen ihm Lorbeer und Genie abgeplündert
hätten -- und sie wollte, als hätte sein Herz
davon Risse bekommen, alle gern mit ihrem aus-
füllen. Wie anders klang und schnitt jetzt die
Musik in die Seele! Wie anders sah die Rie-
senwache von Bäumen und die tollkühnen Nacht-
schmetterlinge an den Lichtern aus! So ist das
Leben und Schicksal immer nur ein äußres
Herz, ein wiederscheinender Geist, und wie die
Freude die Wolken zu hohen nur leichtern Ber-
gen aufhebt, so verkehrt der Kummer die Berge
bloß zu tieferen festern Wolken. Theoda sah recht
starr in die kleine Morgenröthe des heraufzie-
henden Mondes, um durch starkes Aufmerken

der Unterſchrift: Theudobach von Nieß. Ihr
Herz quoll, ihr Auge quoll. „Was hatt’ ich
ihm gethan, rief es in ihr, daß er mein Herz
ſo nahe aushorchte — daß er mich zu einem
öffentlichen Irrthum verlockte und daß ich be-
ſchaͤmt dem Volks-Laͤcheln Preis gegeben bin;
was hatt’ ich ihm gethan?” Sie dauerte der
edle Mann neben ihr, als ob ſie und der Poet
zuſammen ihm Lorbeer und Genie abgepluͤndert
haͤtten — und ſie wollte, als haͤtte ſein Herz
davon Riſſe bekommen, alle gern mit ihrem aus-
fuͤllen. Wie anders klang und ſchnitt jetzt die
Muſik in die Seele! Wie anders ſah die Rie-
ſenwache von Baͤumen und die tollkuͤhnen Nacht-
ſchmetterlinge an den Lichtern aus! So iſt das
Leben und Schickſal immer nur ein aͤußres
Herz, ein wiederſcheinender Geiſt, und wie die
Freude die Wolken zu hohen nur leichtern Ber-
gen aufhebt, ſo verkehrt der Kummer die Berge
bloß zu tieferen feſtern Wolken. Theoda ſah recht
ſtarr in die kleine Morgenroͤthe des heraufzie-
henden Mondes, um durch ſtarkes Aufmerken

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[25/0031] der Unterſchrift: Theudobach von Nieß. Ihr Herz quoll, ihr Auge quoll. „Was hatt’ ich ihm gethan, rief es in ihr, daß er mein Herz ſo nahe aushorchte — daß er mich zu einem öffentlichen Irrthum verlockte und daß ich be- ſchaͤmt dem Volks-Laͤcheln Preis gegeben bin; was hatt’ ich ihm gethan?” Sie dauerte der edle Mann neben ihr, als ob ſie und der Poet zuſammen ihm Lorbeer und Genie abgepluͤndert haͤtten — und ſie wollte, als haͤtte ſein Herz davon Riſſe bekommen, alle gern mit ihrem aus- fuͤllen. Wie anders klang und ſchnitt jetzt die Muſik in die Seele! Wie anders ſah die Rie- ſenwache von Baͤumen und die tollkuͤhnen Nacht- ſchmetterlinge an den Lichtern aus! So iſt das Leben und Schickſal immer nur ein aͤußres Herz, ein wiederſcheinender Geiſt, und wie die Freude die Wolken zu hohen nur leichtern Ber- gen aufhebt, ſo verkehrt der Kummer die Berge bloß zu tieferen feſtern Wolken. Theoda ſah recht ſtarr in die kleine Morgenroͤthe des heraufzie- henden Mondes, um durch ſtarkes Aufmerken

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/31>, abgerufen am 24.11.2024.