selben. Corday blieb mit Leib und Seele nüch- tern und fest.
Endlich kam der rechtschaffene Düperret zu ihr -- ihr gewünschter Besuch des Mini- sters war vereitelt -- sie fand Düperret zwar standhaft für das Rechte, aber verschlossen, und sie rieth ihm blos dringend, aus dem Kon- vent sich nach Caen, wo er mehr Gutes wir- ken könne, zu begeben. Als er ihr am Richt- und Todestage Marats den Gegenbesuch machen wollte, wich sie ihm aus, um keinen Menschen in ihren Sturz zu ziehen. Die hohe Alpen- rose hatte nur Einen stechenden Dorn, blos gegen Einen Menschen.
Noch Abends am Freytage schrieb sie an Marat, und ersucht' ihn dringender um einen Einlaß am Morgen.
Der Sonnabend kam, sie kaufte erst die- sen Morgen ihren Dolch im Palais-Royal, und verbarg die Parzenscheere in ihrem Busen. Darauf begab sie sich zu Marat mit der dop- pelten Gewißheit, jetzt sterbe er unter ihren Händen, und zugleich sie selber unter denen
ſelben. Corday blieb mit Leib und Seele nuͤch- tern und feſt.
Endlich kam der rechtſchaffene Duͤperret zu ihr — ihr gewuͤnſchter Beſuch des Mini- ſters war vereitelt — ſie fand Duͤperret zwar ſtandhaft fuͤr das Rechte, aber verſchloſſen, und ſie rieth ihm blos dringend, aus dem Kon- vent ſich nach Caen, wo er mehr Gutes wir- ken koͤnne, zu begeben. Als er ihr am Richt- und Todestage Marats den Gegenbeſuch machen wollte, wich ſie ihm aus, um keinen Menſchen in ihren Sturz zu ziehen. Die hohe Alpen- roſe hatte nur Einen ſtechenden Dorn, blos gegen Einen Menſchen.
Noch Abends am Freytage ſchrieb ſie an Marat, und erſucht’ ihn dringender um einen Einlaß am Morgen.
Der Sonnabend kam, ſie kaufte erſt die- ſen Morgen ihren Dolch im Palais-Royal, und verbarg die Parzenſcheere in ihrem Buſen. Darauf begab ſie ſich zu Marat mit der dop- pelten Gewißheit, jetzt ſterbe er unter ihren Haͤnden, und zugleich ſie ſelber unter denen
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ſelben. Corday blieb mit Leib und Seele nuͤch-
tern und feſt.
Endlich kam der rechtſchaffene Duͤperret
zu ihr — ihr gewuͤnſchter Beſuch des Mini-
ſters war vereitelt — ſie fand Duͤperret zwar
ſtandhaft fuͤr das Rechte, aber verſchloſſen,
und ſie rieth ihm blos dringend, aus dem Kon-
vent ſich nach Caen, wo er mehr Gutes wir-
ken koͤnne, zu begeben. Als er ihr am Richt-
und Todestage Marats den Gegenbeſuch machen
wollte, wich ſie ihm aus, um keinen Menſchen
in ihren Sturz zu ziehen. Die hohe Alpen-
roſe hatte nur Einen ſtechenden Dorn, blos
gegen Einen Menſchen.
Noch Abends am Freytage ſchrieb ſie an
Marat, und erſucht’ ihn dringender um einen
Einlaß am Morgen.
Der Sonnabend kam, ſie kaufte erſt die-
ſen Morgen ihren Dolch im Palais-Royal,
und verbarg die Parzenſcheere in ihrem Buſen.
Darauf begab ſie ſich zu Marat mit der dop-
pelten Gewißheit, jetzt ſterbe er unter ihren
Haͤnden, und zugleich ſie ſelber unter denen
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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/251>, abgerufen am 16.02.2025.
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