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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809.

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der Glaube an ein zweytes Leben kann die
unbedingten Moral-Mandata ohne Klausel
für das erste nicht leuterieren, und reformiren.
Wohl ist Wagen des Lebens erlaubt, aber nur
bey der Möglichkeit seiner Erhaltung, nicht
bey der Gewisheit seines Verlustes."

"Meiner Antwort -- sagt' ich -- thut es
vielen Vorschub, daß ich geradezu läugnen
kann, es habe noch irgend jemand sein Leben
geopfert; denn da die Natur es jedem ohne-
hin abnimmt, so kann er nur Jahre und Tage
hingeben, nicht aber das heilige unschätzbare
Leben selber; ja er legt auf den Opferaltar
eine Gabe von einem ihm unbekannten Ge-
wicht, vielleicht ein Jahrzehnd, vielleicht eine
Stunde. Und wird denn nicht alles rechte
geistige Leben eine vergiftete Hostie für das
körperliche? Ist nicht sogar jeder Schacht und
jede Handwerksstube ein Walkboden und Darr-
ofen des Körpers, so daß nur das Thier-Le-
ben die rechte und längste Spinnschule für die
Parze Lachesis bliebe? -- Am Ende hätte
man nach einer solchen philosophischen Heils-

der Glaube an ein zweytes Leben kann die
unbedingten Moral-Mandata ohne Klauſel
fuͤr das erſte nicht leuterieren, und reformiren.
Wohl iſt Wagen des Lebens erlaubt, aber nur
bey der Moͤglichkeit ſeiner Erhaltung, nicht
bey der Gewisheit ſeines Verluſtes.”

„Meiner Antwort — ſagt’ ich — thut es
vielen Vorſchub, daß ich geradezu laͤugnen
kann, es habe noch irgend jemand ſein Leben
geopfert; denn da die Natur es jedem ohne-
hin abnimmt, ſo kann er nur Jahre und Tage
hingeben, nicht aber das heilige unſchaͤtzbare
Leben ſelber; ja er legt auf den Opferaltar
eine Gabe von einem ihm unbekannten Ge-
wicht, vielleicht ein Jahrzehnd, vielleicht eine
Stunde. Und wird denn nicht alles rechte
geiſtige Leben eine vergiftete Hoſtie fuͤr das
koͤrperliche? Iſt nicht ſogar jeder Schacht und
jede Handwerksſtube ein Walkboden und Darr-
ofen des Körpers, ſo daß nur das Thier-Le-
ben die rechte und laͤngſte Spinnſchule fuͤr die
Parze Lacheſis bliebe? — Am Ende haͤtte
man nach einer ſolchen philoſophiſchen Heils-

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[211/0217] der Glaube an ein zweytes Leben kann die unbedingten Moral-Mandata ohne Klauſel fuͤr das erſte nicht leuterieren, und reformiren. Wohl iſt Wagen des Lebens erlaubt, aber nur bey der Moͤglichkeit ſeiner Erhaltung, nicht bey der Gewisheit ſeines Verluſtes.” „Meiner Antwort — ſagt’ ich — thut es vielen Vorſchub, daß ich geradezu laͤugnen kann, es habe noch irgend jemand ſein Leben geopfert; denn da die Natur es jedem ohne- hin abnimmt, ſo kann er nur Jahre und Tage hingeben, nicht aber das heilige unſchaͤtzbare Leben ſelber; ja er legt auf den Opferaltar eine Gabe von einem ihm unbekannten Ge- wicht, vielleicht ein Jahrzehnd, vielleicht eine Stunde. Und wird denn nicht alles rechte geiſtige Leben eine vergiftete Hoſtie fuͤr das koͤrperliche? Iſt nicht ſogar jeder Schacht und jede Handwerksſtube ein Walkboden und Darr- ofen des Körpers, ſo daß nur das Thier-Le- ben die rechte und laͤngſte Spinnſchule fuͤr die Parze Lacheſis bliebe? — Am Ende haͤtte man nach einer ſolchen philoſophiſchen Heils-

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/217>, abgerufen am 25.11.2024.