Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

die alten Heroen durch die fortgesetzten Hunde, die
sie zu Gevatter bitten, noch lange leben werden.

Ich wollte, ich hätte in meiner Jugend
Voltairen beleidigt: so hätt' ich nicht nur den
deutschen Fürsten bekannt werden können, son-
dern auch der Nachwelt. Die gedachte berli-
ner Vogelspinne werfe Göthen ein Fenster
ein, oder laufe ihm kalt an der Wade hinauf:
so wird sie in den Spiritus einer Xenie gesetzt,
und konservirt sich darin treflich. Warum über-
haupt so viele Umstände und Krönungs-
städte gemacht, da eine Krönungsstätte, de-
ren Breite nicht über das Thronglied hinaus-
zureichen braucht, schon auslangt und nachhält.
Diana hatte winzige Taschen-Tempelchen von
Silber, als Göttin. Nun so nehme Luther
als Mensch mit seinem Catechismus, als klei-
nem Tempelchen des Ruhms und Ehrensäul-
chen vorlieb, oder (wie es Voltairs-Kästchen
gibt) mit Luthers Katechismusglas. Ja, fer-
tigt nicht die Kansteinsche Bibeldruckerey (nebst
Waisenhaus) seinen Seelenadelsbrief Jedem
aus? -- Und hat nicht schon D. Seiler

die alten Heroen durch die fortgeſetzten Hunde, die
ſie zu Gevatter bitten, noch lange leben werden.

Ich wollte, ich haͤtte in meiner Jugend
Voltairen beleidigt: ſo haͤtt’ ich nicht nur den
deutſchen Fuͤrſten bekannt werden koͤnnen, ſon-
dern auch der Nachwelt. Die gedachte berli-
ner Vogelſpinne werfe Goͤthen ein Fenſter
ein, oder laufe ihm kalt an der Wade hinauf:
ſo wird ſie in den Spiritus einer Xenie geſetzt,
und konſervirt ſich darin treflich. Warum uͤber-
haupt ſo viele Umſtaͤnde und Kroͤnungs-
ſtaͤdte gemacht, da eine Kroͤnungsſtaͤtte, de-
ren Breite nicht uͤber das Thronglied hinaus-
zureichen braucht, ſchon auslangt und nachhaͤlt.
Diana hatte winzige Taſchen-Tempelchen von
Silber, als Goͤttin. Nun ſo nehme Luther
als Menſch mit ſeinem Catechismus, als klei-
nem Tempelchen des Ruhms und Ehrenſäul-
chen vorlieb, oder (wie es Voltairs-Kaͤſtchen
gibt) mit Luthers Katechismusglas. Ja, fer-
tigt nicht die Kanſteinſche Bibeldruckerey (nebſt
Waiſenhaus) ſeinen Seelenadelsbrief Jedem
aus? — Und hat nicht ſchon D. Seiler

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0172" n="166"/>
die alten Heroen durch die fortge&#x017F;etzten Hunde, die<lb/>
&#x017F;ie zu Gevatter bitten, noch lange leben werden.</p><lb/>
        <p>Ich wollte, ich ha&#x0364;tte in meiner Jugend<lb/>
Voltairen beleidigt: &#x017F;o ha&#x0364;tt&#x2019; ich nicht nur den<lb/>
deut&#x017F;chen Fu&#x0364;r&#x017F;ten bekannt werden ko&#x0364;nnen, &#x017F;on-<lb/>
dern auch der Nachwelt. Die gedachte berli-<lb/>
ner Vogel&#x017F;pinne werfe Go&#x0364;then ein Fen&#x017F;ter<lb/>
ein, oder laufe ihm kalt an der Wade hinauf:<lb/>
&#x017F;o wird &#x017F;ie in den Spiritus einer Xenie ge&#x017F;etzt,<lb/>
und kon&#x017F;ervirt &#x017F;ich darin treflich. Warum u&#x0364;ber-<lb/>
haupt &#x017F;o viele Um&#x017F;ta&#x0364;nde und Kro&#x0364;nungs-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;dte gemacht, da eine Kro&#x0364;nungs&#x017F;ta&#x0364;tte, de-<lb/>
ren Breite nicht u&#x0364;ber das Thronglied hinaus-<lb/>
zureichen braucht, &#x017F;chon auslangt und nachha&#x0364;lt.<lb/>
Diana hatte winzige Ta&#x017F;chen-Tempelchen von<lb/>
Silber, als Go&#x0364;ttin. Nun &#x017F;o nehme Luther<lb/>
als Men&#x017F;ch mit &#x017F;einem Catechismus, als klei-<lb/>
nem Tempelchen des Ruhms und Ehren&#x017F;äul-<lb/>
chen vorlieb, oder (wie es Voltairs-Ka&#x0364;&#x017F;tchen<lb/>
gibt) mit Luthers Katechismusglas. Ja, fer-<lb/>
tigt nicht die Kan&#x017F;tein&#x017F;che Bibeldruckerey (neb&#x017F;t<lb/>
Wai&#x017F;enhaus) &#x017F;einen Seelenadelsbrief Jedem<lb/>
aus? &#x2014; Und hat nicht &#x017F;chon <hi rendition="#aq">D.</hi> Seiler<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[166/0172] die alten Heroen durch die fortgeſetzten Hunde, die ſie zu Gevatter bitten, noch lange leben werden. Ich wollte, ich haͤtte in meiner Jugend Voltairen beleidigt: ſo haͤtt’ ich nicht nur den deutſchen Fuͤrſten bekannt werden koͤnnen, ſon- dern auch der Nachwelt. Die gedachte berli- ner Vogelſpinne werfe Goͤthen ein Fenſter ein, oder laufe ihm kalt an der Wade hinauf: ſo wird ſie in den Spiritus einer Xenie geſetzt, und konſervirt ſich darin treflich. Warum uͤber- haupt ſo viele Umſtaͤnde und Kroͤnungs- ſtaͤdte gemacht, da eine Kroͤnungsſtaͤtte, de- ren Breite nicht uͤber das Thronglied hinaus- zureichen braucht, ſchon auslangt und nachhaͤlt. Diana hatte winzige Taſchen-Tempelchen von Silber, als Goͤttin. Nun ſo nehme Luther als Menſch mit ſeinem Catechismus, als klei- nem Tempelchen des Ruhms und Ehrenſäul- chen vorlieb, oder (wie es Voltairs-Kaͤſtchen gibt) mit Luthers Katechismusglas. Ja, fer- tigt nicht die Kanſteinſche Bibeldruckerey (nebſt Waiſenhaus) ſeinen Seelenadelsbrief Jedem aus? — Und hat nicht ſchon D. Seiler

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/172
Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/172>, abgerufen am 22.11.2024.