Strykius. "Schweig! -- oder er ist ein Re- zensent wie Du; und der Teufel hole jeden Esel, der schreibt, und den er reitet; es ist ge- nug, wenn das Thier spricht; Mache mir jetzt etwas Thee zurecht, denn das Wasser kocht; schneide aber Deine Hosenknöpfe ab, damit Du mir nicht entläufst."
"Lieber mein Leben lass' ich, als meine Ehre, sagte Stryk, blos aufknöpfen will ich den Hosensack und herunter lassen; und es thut ja der Länge wegen, denselben Dienst..."
Während er im Hemd, mühsam das Thee- wasser aufgoß: zog der Doktor den Widerruf hervor und sagte, wenn er ihn beschwöre und unterschreibe, so woll' er ihm das Leben selber schenken, und ihn nur an den Gliedern, wo er es für gut befinde, mit dem Stab-Sanft bestreifen. Strykius schwur und schrieb. Dar- auf begehrte der Doktor, daß ers auswendig vor ihm lerne, weil er selber das Dokument wieder zu sich stecken müsse. Der Arzt predigte, den Aufsatz endlich auswendig (der Hosensack
Strykius. „Schweig! — oder er iſt ein Re- zenſent wie Du; und der Teufel hole jeden Eſel, der ſchreibt, und den er reitet; es iſt ge- nug, wenn das Thier ſpricht; Mache mir jetzt etwas Thee zurecht, denn das Waſſer kocht; ſchneide aber Deine Hoſenknoͤpfe ab, damit Du mir nicht entlaͤufſt.”
„Lieber mein Leben laſſ’ ich, als meine Ehre, ſagte Stryk, blos aufknöpfen will ich den Hoſenſack und herunter laſſen; und es thut ja der Laͤnge wegen, denſelben Dienſt…”
Waͤhrend er im Hemd, muͤhſam das Thee- waſſer aufgoß: zog der Doktor den Widerruf hervor und ſagte, wenn er ihn beſchwoͤre und unterſchreibe, ſo woll’ er ihm das Leben ſelber ſchenken, und ihn nur an den Gliedern, wo er es fuͤr gut befinde, mit dem Stab-Sanft beſtreifen. Strykius ſchwur und ſchrieb. Dar- auf begehrte der Doktor, daß ers auswendig vor ihm lerne, weil er ſelber das Dokument wieder zu ſich ſtecken muͤſſe. Der Arzt predigte, den Aufſatz endlich auswendig (der Hoſenſack
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Strykius. „Schweig! — oder er iſt ein Re-
zenſent wie Du; und der Teufel hole jeden
Eſel, der ſchreibt, und den er reitet; es iſt ge-
nug, wenn das Thier ſpricht; Mache mir
jetzt etwas Thee zurecht, denn das Waſſer
kocht; ſchneide aber Deine Hoſenknoͤpfe ab,
damit Du mir nicht entlaͤufſt.”
„Lieber mein Leben laſſ’ ich, als meine
Ehre, ſagte Stryk, blos aufknöpfen will ich
den Hoſenſack und herunter laſſen; und es
thut ja der Laͤnge wegen, denſelben
Dienſt…”
Waͤhrend er im Hemd, muͤhſam das Thee-
waſſer aufgoß: zog der Doktor den Widerruf
hervor und ſagte, wenn er ihn beſchwoͤre und
unterſchreibe, ſo woll’ er ihm das Leben ſelber
ſchenken, und ihn nur an den Gliedern, wo
er es fuͤr gut befinde, mit dem Stab-Sanft
beſtreifen. Strykius ſchwur und ſchrieb. Dar-
auf begehrte der Doktor, daß ers auswendig
vor ihm lerne, weil er ſelber das Dokument
wieder zu ſich ſtecken muͤſſe. Der Arzt predigte,
den Aufſatz endlich auswendig (der Hoſenſack
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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/129>, abgerufen am 25.11.2024.
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