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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809.

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unser Leib ein wandelnder organischer Kolossus
und Weltbau ist; ein Weltgebäude voll rinnen-
der Blutkugeln, voll elektrischer, magnetischer,
und galvanischer Ströme, ein Universum, des-
sen Universalgeist und Gott das Ich ist. Aber
wie die Schmetterlingspsyche eine Haut nach
der andern absprengt, die Ey-Haut, die vielen
Raupen-Häute, die Puppenhaut, und end-
lich doch mit dem schön bemalten Pappillonkör-
per vorbricht, so kann ja unsere Psyche den
muskulösen, dann den nervösen Ueberzug durch-
reißen, und doch mit ätherischem glänzenden Ge-
fieder steigen. Schon hier bereiten ihr oft Berg-
luft, Getränke, Krankheit ein dünneres Ele-
ment, worin sie leichter und mit den aufgeho-
benen Flügeln halb außer der Welle flatternd
schwimmt; wie muß sie nicht erst im hohen Ae-
ther, im leichten weißen Brautkleide des zwey-
ten Lebens, fliegen und eilen?" --

die der Krystallinse von der Retina übrig bliebe, und man
das Objekt in, nicht vor dem Auge haben müßte. --
Die absolute Größe ergäbe sich aus dem Zusammen-
fallen des Gegenstandes, des Fokus und der Retina,
Es gibt also auf der Erde gar keine Vergrößerung,
sondern nichts als Verkleinerungen.

unſer Leib ein wandelnder organiſcher Koloſſus
und Weltbau iſt; ein Weltgebaͤude voll rinnen-
der Blutkugeln, voll elektriſcher, magnetiſcher,
und galvaniſcher Stroͤme, ein Univerſum, deſ-
ſen Univerſalgeiſt und Gott das Ich iſt. Aber
wie die Schmetterlingspſyche eine Haut nach
der andern abſprengt, die Ey-Haut, die vielen
Raupen-Häute, die Puppenhaut, und end-
lich doch mit dem ſchoͤn bemalten Pappillonkoͤr-
per vorbricht, ſo kann ja unſere Pſyche den
muskuloͤſen, dann den nervoͤſen Ueberzug durch-
reißen, und doch mit aͤtheriſchem glaͤnzenden Ge-
fieder ſteigen. Schon hier bereiten ihr oft Berg-
luft, Getraͤnke, Krankheit ein duͤnneres Ele-
ment, worin ſie leichter und mit den aufgeho-
benen Fluͤgeln halb außer der Welle flatternd
ſchwimmt; wie muß ſie nicht erſt im hohen Ae-
ther, im leichten weißen Brautkleide des zwey-
ten Lebens, fliegen und eilen?” —

die der Kryſtallinſe von der Retina übrig bliebe, und man
das Objekt in, nicht vor dem Auge haben müßte. —
Die abſolute Größe ergäbe ſich aus dem Zuſammen-
fallen des Gegenſtandes, des Fokus und der Retina,
Es gibt alſo auf der Erde gar keine Vergrößerung,
ſondern nichts als Verkleinerungen.
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[242/0260] unſer Leib ein wandelnder organiſcher Koloſſus und Weltbau iſt; ein Weltgebaͤude voll rinnen- der Blutkugeln, voll elektriſcher, magnetiſcher, und galvaniſcher Stroͤme, ein Univerſum, deſ- ſen Univerſalgeiſt und Gott das Ich iſt. Aber wie die Schmetterlingspſyche eine Haut nach der andern abſprengt, die Ey-Haut, die vielen Raupen-Häute, die Puppenhaut, und end- lich doch mit dem ſchoͤn bemalten Pappillonkoͤr- per vorbricht, ſo kann ja unſere Pſyche den muskuloͤſen, dann den nervoͤſen Ueberzug durch- reißen, und doch mit aͤtheriſchem glaͤnzenden Ge- fieder ſteigen. Schon hier bereiten ihr oft Berg- luft, Getraͤnke, Krankheit ein duͤnneres Ele- ment, worin ſie leichter und mit den aufgeho- benen Fluͤgeln halb außer der Welle flatternd ſchwimmt; wie muß ſie nicht erſt im hohen Ae- ther, im leichten weißen Brautkleide des zwey- ten Lebens, fliegen und eilen?” — *) *) die der Kryſtallinſe von der Retina übrig bliebe, und man das Objekt in, nicht vor dem Auge haben müßte. — Die abſolute Größe ergäbe ſich aus dem Zuſammen- fallen des Gegenſtandes, des Fokus und der Retina, Es gibt alſo auf der Erde gar keine Vergrößerung, ſondern nichts als Verkleinerungen.

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/260>, abgerufen am 27.11.2024.