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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809.

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zählt und sucht die Menge ohne Ende, die her-
auszieht. Ein Dritter, z. B. ich selber, reitet
um die Erde, eigentlich auf der Wolkenberg-
straße des Dunstkreises, auf der wahren um uns
hängenden Bergkette von Riesengebirgen und
reitet (indem er unaufhörlich selber das Roß be-
wegt) von Wolke zu Wolke und zu Pol-Schei-
nen und Nebelfeldern, und dann schwimmt er
durch langes Blau und durch Aequator Güsse
und endlich sprengte er zum andern Pole wie-
der zu uns herauf. -- Ein vierter Schlaflusti-
ger setzt irgend einen Genius bis an den halben
Leib in eine lichte Wolke, und will ihn mit Ro-
sen rund umlegen und überdecken, die aber
alle in die weiche Wolke untersinken; der Mann
läßt indeß nicht ab, und umblümet weiter --
in die Runde -- und immer fort -- und die
Blumen weichen -- und der Genius ragt --
wahrhaftig ich schliefe hier, hielte mich nicht
das Schreiben munter, unter demselben selber
ein. So wird uns nun der Schlaf -- dieses
schöne Stillleben des Lebens -- von allem zuge-
führt, was einförmig so fortgeht. So schlafen

zaͤhlt und ſucht die Menge ohne Ende, die her-
auszieht. Ein Dritter, z. B. ich ſelber, reitet
um die Erde, eigentlich auf der Wolkenberg-
ſtraße des Dunſtkreiſes, auf der wahren um uns
haͤngenden Bergkette von Rieſengebirgen und
reitet (indem er unaufhoͤrlich ſelber das Roß be-
wegt) von Wolke zu Wolke und zu Pol-Schei-
nen und Nebelfeldern, und dann ſchwimmt er
durch langes Blau und durch Aequator Guͤſſe
und endlich ſprengte er zum andern Pole wie-
der zu uns herauf. — Ein vierter Schlafluſti-
ger ſetzt irgend einen Genius bis an den halben
Leib in eine lichte Wolke, und will ihn mit Ro-
ſen rund umlegen und uͤberdecken, die aber
alle in die weiche Wolke unterſinken; der Mann
läßt indeß nicht ab, und umbluͤmet weiter —
in die Runde — und immer fort — und die
Blumen weichen — und der Genius ragt —
wahrhaftig ich ſchliefe hier, hielte mich nicht
das Schreiben munter, unter demſelben ſelber
ein. So wird uns nun der Schlaf — dieſes
ſchöne Stillleben des Lebens — von allem zuge-
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[234/0252] zaͤhlt und ſucht die Menge ohne Ende, die her- auszieht. Ein Dritter, z. B. ich ſelber, reitet um die Erde, eigentlich auf der Wolkenberg- ſtraße des Dunſtkreiſes, auf der wahren um uns haͤngenden Bergkette von Rieſengebirgen und reitet (indem er unaufhoͤrlich ſelber das Roß be- wegt) von Wolke zu Wolke und zu Pol-Schei- nen und Nebelfeldern, und dann ſchwimmt er durch langes Blau und durch Aequator Guͤſſe und endlich ſprengte er zum andern Pole wie- der zu uns herauf. — Ein vierter Schlafluſti- ger ſetzt irgend einen Genius bis an den halben Leib in eine lichte Wolke, und will ihn mit Ro- ſen rund umlegen und uͤberdecken, die aber alle in die weiche Wolke unterſinken; der Mann läßt indeß nicht ab, und umbluͤmet weiter — in die Runde — und immer fort — und die Blumen weichen — und der Genius ragt — wahrhaftig ich ſchliefe hier, hielte mich nicht das Schreiben munter, unter demſelben ſelber ein. So wird uns nun der Schlaf — dieſes ſchöne Stillleben des Lebens — von allem zuge- fuͤhrt, was einfoͤrmig ſo fortgeht. So ſchlafen

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/252>, abgerufen am 24.11.2024.