zu Gegenstand -- aber ohne Vergleichungs- zweck -- mit welcher der Verfasser sich sonst ein- schläferte, von einiger Brauchbarkeit seyn. Ei- gentlich ist dieses Springenlassen nichts andres, wenn es gut seyn will, als das obige Gehenlas- sen des Gehirns; der Geist läßt das Organ auszucken in Bildern.
9) Seelenlehrer und deren Seelenschüler schläfern sich ein -- falls sie wollen, -- wenn sie geradezu jede Gedankenreihe ganz vorn ab- brechen, die neue wieder und so fort: indem sie sich fragen, bey jedem Mächtigen was sie aus- denken und vollenden möchten: "kann ich denn nicht morgen eine Stunde länger wach liegen, und meine Kopfarbeit auf dem Kopfkissen verrich- ten? Und warum denn nicht? -- Wer aber so wenig Denkkraft hat, daß er sie damit nicht einmal hemmen kann, wo er will, der hört hier wieder ein Ausmittel; nämlich, er horche sich innen zu, wie ihm ohne sein Schaffen ein Substantivum nach dem andern zutönt, und zufliegt, z. B. mir gestern: "Kaiser -- Roth- mantel -- Purpurschnecke -- Stadtrecht -- Don-
zu Gegenſtand — aber ohne Vergleichungs- zweck — mit welcher der Verfaſſer ſich ſonſt ein- ſchlaͤferte, von einiger Brauchbarkeit ſeyn. Ei- gentlich iſt dieſes Springenlaſſen nichts andres, wenn es gut ſeyn will, als das obige Gehenlaſ- ſen des Gehirns; der Geiſt laͤßt das Organ auszucken in Bildern.
9) Seelenlehrer und deren Seelenſchuͤler ſchläfern ſich ein — falls ſie wollen, — wenn ſie geradezu jede Gedankenreihe ganz vorn ab- brechen, die neue wieder und ſo fort: indem ſie ſich fragen, bey jedem Maͤchtigen was ſie aus- denken und vollenden moͤchten: „kann ich denn nicht morgen eine Stunde laͤnger wach liegen, und meine Kopfarbeit auf dem Kopfkiſſen verrich- ten? Und warum denn nicht? — Wer aber ſo wenig Denkkraft hat, daß er ſie damit nicht einmal hemmen kann, wo er will, der hoͤrt hier wieder ein Ausmittel; naͤmlich, er horche ſich innen zu, wie ihm ohne ſein Schaffen ein Subſtantivum nach dem andern zutoͤnt, und zufliegt, z. B. mir geſtern: „Kaiſer — Roth- mantel — Purpurſchnecke — Stadtrecht — Don-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0249"n="231"/>
zu Gegenſtand — aber ohne Vergleichungs-<lb/>
zweck — mit welcher der Verfaſſer ſich ſonſt ein-<lb/>ſchlaͤferte, von einiger Brauchbarkeit ſeyn. Ei-<lb/>
gentlich iſt dieſes Springenlaſſen nichts andres,<lb/>
wenn es gut ſeyn will, als das obige Gehenlaſ-<lb/>ſen des Gehirns; der Geiſt laͤßt das Organ<lb/>
auszucken in Bildern.</p><lb/><p>9) Seelenlehrer und deren Seelenſchuͤler<lb/>ſchläfern ſich ein — falls ſie wollen, — wenn<lb/>ſie geradezu jede Gedankenreihe ganz vorn ab-<lb/>
brechen, die neue wieder und ſo fort: indem ſie<lb/>ſich fragen, bey jedem Maͤchtigen was ſie aus-<lb/>
denken und vollenden moͤchten: „kann ich denn<lb/>
nicht morgen eine Stunde laͤnger wach liegen,<lb/>
und meine Kopfarbeit auf dem Kopfkiſſen verrich-<lb/>
ten? Und warum denn nicht? — Wer aber<lb/>ſo wenig Denkkraft hat, daß er ſie damit nicht<lb/>
einmal hemmen kann, wo er will, der hoͤrt hier<lb/>
wieder ein Ausmittel; naͤmlich, er horche ſich<lb/>
innen zu, wie ihm <hirendition="#g">ohne ſein Schaffen</hi><lb/>
ein Subſtantivum nach dem andern zutoͤnt, und<lb/>
zufliegt, z. B. mir geſtern: „Kaiſer — Roth-<lb/>
mantel — Purpurſchnecke — Stadtrecht — Don-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[231/0249]
zu Gegenſtand — aber ohne Vergleichungs-
zweck — mit welcher der Verfaſſer ſich ſonſt ein-
ſchlaͤferte, von einiger Brauchbarkeit ſeyn. Ei-
gentlich iſt dieſes Springenlaſſen nichts andres,
wenn es gut ſeyn will, als das obige Gehenlaſ-
ſen des Gehirns; der Geiſt laͤßt das Organ
auszucken in Bildern.
9) Seelenlehrer und deren Seelenſchuͤler
ſchläfern ſich ein — falls ſie wollen, — wenn
ſie geradezu jede Gedankenreihe ganz vorn ab-
brechen, die neue wieder und ſo fort: indem ſie
ſich fragen, bey jedem Maͤchtigen was ſie aus-
denken und vollenden moͤchten: „kann ich denn
nicht morgen eine Stunde laͤnger wach liegen,
und meine Kopfarbeit auf dem Kopfkiſſen verrich-
ten? Und warum denn nicht? — Wer aber
ſo wenig Denkkraft hat, daß er ſie damit nicht
einmal hemmen kann, wo er will, der hoͤrt hier
wieder ein Ausmittel; naͤmlich, er horche ſich
innen zu, wie ihm ohne ſein Schaffen
ein Subſtantivum nach dem andern zutoͤnt, und
zufliegt, z. B. mir geſtern: „Kaiſer — Roth-
mantel — Purpurſchnecke — Stadtrecht — Don-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/249>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.