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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809.

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sollte keine glückliche Erfahrung die Hypothese
eines Aethermagens stützen? -- Woher kommt
es denn, daß die vornehme Welt, wenn sie den
Erdenmagen ausgefüllt hat, sich doch immer
nach feinerer Zehrung für den Himmelsmagen
umsieht? -- Himmel! was sind denn Schau-
gerichte
? -- Sind diese nicht eben die vollen
Schüsseln für den ewigen Magen, der sie daher
bloß mit den feinsten Freßspitzen, mit den Seh-
nerven aufzehrt? Das Phänomen der Schau-
gerichte wurde bisher noch schlecht erklärt; und
wenige Leute in Schulen wußten, warum sie
den Namen Schau-Essen, Materien und For-
men lassen sollten, die höchstens nur für den
Vogel Strauß brauchbar und nahrhaft wären.
Allein es führet Licht in die Sachen, wenn man
erkennt, daß eine speisende Hoftafel ja nicht bloß
die untern Seelenkräfte des Unterleibs, die nur
materiellere Trebern fodern, sondern auch die
obern Seelen- und Magenkräfte, die, wie bey
den Krebsen, im Kopfe, und zwar im Auge
sitzen, entwickeln will an optischem Manna.
Veredelte, übersinnliche Seelen dieser Art, wel-

ſollte keine gluͤckliche Erfahrung die Hypotheſe
eines Aethermagens ſtuͤtzen? — Woher kommt
es denn, daß die vornehme Welt, wenn ſie den
Erdenmagen ausgefuͤllt hat, ſich doch immer
nach feinerer Zehrung fuͤr den Himmelsmagen
umſieht? — Himmel! was ſind denn Schau-
gerichte
? — Sind dieſe nicht eben die vollen
Schuͤſſeln fuͤr den ewigen Magen, der ſie daher
bloß mit den feinſten Freßſpitzen, mit den Seh-
nerven aufzehrt? Das Phaͤnomen der Schau-
gerichte wurde bisher noch ſchlecht erklaͤrt; und
wenige Leute in Schulen wußten, warum ſie
den Namen Schau-Eſſen, Materien und For-
men laſſen ſollten, die hoͤchſtens nur fuͤr den
Vogel Strauß brauchbar und nahrhaft waͤren.
Allein es fuͤhret Licht in die Sachen, wenn man
erkennt, daß eine ſpeiſende Hoftafel ja nicht bloß
die untern Seelenkraͤfte des Unterleibs, die nur
materiellere Trebern fodern, ſondern auch die
obern Seelen- und Magenkraͤfte, die, wie bey
den Krebſen, im Kopfe, und zwar im Auge
ſitzen, entwickeln will an optiſchem Manna.
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[210/0228] ſollte keine gluͤckliche Erfahrung die Hypotheſe eines Aethermagens ſtuͤtzen? — Woher kommt es denn, daß die vornehme Welt, wenn ſie den Erdenmagen ausgefuͤllt hat, ſich doch immer nach feinerer Zehrung fuͤr den Himmelsmagen umſieht? — Himmel! was ſind denn Schau- gerichte? — Sind dieſe nicht eben die vollen Schuͤſſeln fuͤr den ewigen Magen, der ſie daher bloß mit den feinſten Freßſpitzen, mit den Seh- nerven aufzehrt? Das Phaͤnomen der Schau- gerichte wurde bisher noch ſchlecht erklaͤrt; und wenige Leute in Schulen wußten, warum ſie den Namen Schau-Eſſen, Materien und For- men laſſen ſollten, die hoͤchſtens nur fuͤr den Vogel Strauß brauchbar und nahrhaft waͤren. Allein es fuͤhret Licht in die Sachen, wenn man erkennt, daß eine ſpeiſende Hoftafel ja nicht bloß die untern Seelenkraͤfte des Unterleibs, die nur materiellere Trebern fodern, ſondern auch die obern Seelen- und Magenkraͤfte, die, wie bey den Krebſen, im Kopfe, und zwar im Auge ſitzen, entwickeln will an optiſchem Manna. Veredelte, uͤberſinnliche Seelen dieſer Art, wel-

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/228>, abgerufen am 24.11.2024.