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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809.

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der Selbstsucht zogen, sogar in ihrer Prosa die
lebendigen Wesen gern mit Verkleinerungswör-
tern nennten z. B. das Söhnlein und die Kind-
lein Luthers, bis zum Jesulein und Christkind-
chen. Was wir etwa noch jetzt verkleinern möch-
ten in Zirkeln, dieß suchen wir doch weniger zu
vergrößern und zu lieben, als fast zu hassen.
Noch ist jetzt der falschen Ironie, als einer
spöttischen Nachäffung der Liebe, das Verklei-
nerungswort gewöhnlich. In meiner Vorschule
der Aesthetik finden Sie Beyspiele, und vorher
überall.

Unser allemannische Dichter -- denn ich sehe
nicht ein, warum ich ihn über ihn vergesse --
hat für alles Leben und alles Seyn das offne
Herz, die offnen Arme der Liebe, und jeder
Stern und jede Blume wird ihm ein Mensch.
Durch alle seine Gedichte greift dieses schöne Zu-
eignen der Natur, der allegorisierende Personifi-
kazion, die er oft bis zur Kühnheit der Laune
steigert *). Die Dichtkunst ist nur ein anderes

*) Z. B. im ganzen ersten Gedichte: "die Wiese."

der Selbſtſucht zogen, ſogar in ihrer Proſa die
lebendigen Weſen gern mit Verkleinerungswoͤr-
tern nennten z. B. das Soͤhnlein und die Kind-
lein Luthers, bis zum Jeſulein und Chriſtkind-
chen. Was wir etwa noch jetzt verkleinern moͤch-
ten in Zirkeln, dieß ſuchen wir doch weniger zu
vergroͤßern und zu lieben, als faſt zu haſſen.
Noch iſt jetzt der falſchen Ironie, als einer
ſpoͤttiſchen Nachaͤffung der Liebe, das Verklei-
nerungswort gewoͤhnlich. In meiner Vorſchule
der Aeſthetik finden Sie Beyſpiele, und vorher
uͤberall.

Unſer allemanniſche Dichter — denn ich ſehe
nicht ein, warum ich ihn uͤber ihn vergeſſe —
hat fuͤr alles Leben und alles Seyn das offne
Herz, die offnen Arme der Liebe, und jeder
Stern und jede Blume wird ihm ein Menſch.
Durch alle ſeine Gedichte greift dieſes ſchöne Zu-
eignen der Natur, der allegoriſierende Perſonifi-
kazion, die er oft bis zur Kuͤhnheit der Laune
ſteigert *). Die Dichtkunſt iſt nur ein anderes

*) Z. B. im ganzen erſten Gedichte: „die Wieſe.”
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[185/0203] der Selbſtſucht zogen, ſogar in ihrer Proſa die lebendigen Weſen gern mit Verkleinerungswoͤr- tern nennten z. B. das Soͤhnlein und die Kind- lein Luthers, bis zum Jeſulein und Chriſtkind- chen. Was wir etwa noch jetzt verkleinern moͤch- ten in Zirkeln, dieß ſuchen wir doch weniger zu vergroͤßern und zu lieben, als faſt zu haſſen. Noch iſt jetzt der falſchen Ironie, als einer ſpoͤttiſchen Nachaͤffung der Liebe, das Verklei- nerungswort gewoͤhnlich. In meiner Vorſchule der Aeſthetik finden Sie Beyſpiele, und vorher uͤberall. Unſer allemanniſche Dichter — denn ich ſehe nicht ein, warum ich ihn uͤber ihn vergeſſe — hat fuͤr alles Leben und alles Seyn das offne Herz, die offnen Arme der Liebe, und jeder Stern und jede Blume wird ihm ein Menſch. Durch alle ſeine Gedichte greift dieſes ſchöne Zu- eignen der Natur, der allegoriſierende Perſonifi- kazion, die er oft bis zur Kuͤhnheit der Laune ſteigert *). Die Dichtkunſt iſt nur ein anderes *) Z. B. im ganzen erſten Gedichte: „die Wieſe.”

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/203>, abgerufen am 24.11.2024.