oder Naturen) ins Feld rücken mit Klammern und Fragzeichen, ich als Liebhaber schränke mich bloß auf die Gedichte ein, und lobe sie früher öffentlich als irgend ein Nachfolger. Ich wünschte, lieber Spazier, es wäre in der eleganten Welt, an die ich hier zugleich, wie aus dem Konzept- papier zu sehen, mit geschrieben haben will, das Schwäbische nur halb so einheimisch, als das Französische. Denn nur die Mundart jenes Landes, das sonst das Mutterland einer un- vergleichlichen Dichtkunst war, und jetzt das Vaterland einiger großen Dichter ist, spricht das zarte spielende Musenkind; und mit der schwäbischen Mundart entzöge man ihm seine halbe Kindlichkeit und Anmuth. Manchem Dich- ter wären die wohllauten schwäbischen Zusam- menziehungen -- z. B. Sagi' m, statt: sage ich ihm, zu gönnen und das Ausmustern unserer engen n; das Eintauschen des i gegen das ewige deutsche e *); und die Verwandlung des harten
*) Da nach Fulda e der Vokal der Liebe und der Fami- lie ist -- daher das Wort für beyde mit seinen beyden e, Ehe -- und da nach Wenzel (in seinen Entdeckun- gen über die Sprache der Thiere 1800) eh der Schmer-
oder Naturen) ins Feld ruͤcken mit Klammern und Fragzeichen, ich als Liebhaber ſchraͤnke mich bloß auf die Gedichte ein, und lobe ſie fruͤher oͤffentlich als irgend ein Nachfolger. Ich wuͤnſchte, lieber Spazier, es waͤre in der eleganten Welt, an die ich hier zugleich, wie aus dem Konzept- papier zu ſehen, mit geſchrieben haben will, das Schwaͤbiſche nur halb ſo einheimiſch, als das Franzoͤſiſche. Denn nur die Mundart jenes Landes, das ſonſt das Mutterland einer un- vergleichlichen Dichtkunſt war, und jetzt das Vaterland einiger großen Dichter iſt, ſpricht das zarte ſpielende Muſenkind; und mit der ſchwaͤbiſchen Mundart entzöge man ihm ſeine halbe Kindlichkeit und Anmuth. Manchem Dich- ter wären die wohllauten ſchwaͤbiſchen Zuſam- menziehungen — z. B. Sagi’ m, ſtatt: ſage ich ihm, zu goͤnnen und das Ausmuſtern unſerer engen n; das Eintauſchen des i gegen das ewige deutſche e *); und die Verwandlung des harten
*) Da nach Fulda e der Vokal der Liebe und der Fami- lie iſt — daher das Wort für beyde mit ſeinen beyden e, Ehe — und da nach Wenzel (in ſeinen Entdeckun- gen über die Sprache der Thiere 1800) eh der Schmer-
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oder Naturen) ins Feld ruͤcken mit Klammern
und Fragzeichen, ich als Liebhaber ſchraͤnke mich
bloß auf die Gedichte ein, und lobe ſie fruͤher
oͤffentlich als irgend ein Nachfolger. Ich wuͤnſchte,
lieber Spazier, es waͤre in der eleganten Welt,
an die ich hier zugleich, wie aus dem Konzept-
papier zu ſehen, mit geſchrieben haben will, das
Schwaͤbiſche nur halb ſo einheimiſch, als das
Franzoͤſiſche. Denn nur die Mundart jenes
Landes, das ſonſt das Mutterland einer un-
vergleichlichen Dichtkunſt war, und jetzt
das Vaterland einiger großen Dichter iſt,
ſpricht das zarte ſpielende Muſenkind; und mit
der ſchwaͤbiſchen Mundart entzöge man ihm ſeine
halbe Kindlichkeit und Anmuth. Manchem Dich-
ter wären die wohllauten ſchwaͤbiſchen Zuſam-
menziehungen — z. B. Sagi’ m, ſtatt: ſage ich
ihm, zu goͤnnen und das Ausmuſtern unſerer
engen n; das Eintauſchen des i gegen das ewige
deutſche e *); und die Verwandlung des harten
*) Da nach Fulda e der Vokal der Liebe und der Fami-
lie iſt — daher das Wort für beyde mit ſeinen beyden
e, Ehe — und da nach Wenzel (in ſeinen Entdeckun-
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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/201>, abgerufen am 28.07.2024.
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