rich Frauenlob, zu Grabe tragen -- einen gedruckten Eidschwur (d. h. Schwurschwur,) daß er die meisten seiner Zeitgenossinnen besser antraf als sie der gute ofne, aber leere rohe Kopf des Verf. des Alcibiades und Nordenschilds zeichnen kann. -- In der That wenn die Weiber nicht den Männern alles verziehen, so¬ gar den Autoribus, (und zwar täglich siebenzigmal und sie reichen den andern Backen dar, wenn der eine durch Küssen beleidigt worden:) so könnt' es kein Bücherverleiher erklären, wie Menschen, deren Kopf doch schwerer, deren Zirbeldrüse kleiner ist, die sechs Knorpelringe der Luftröhre mehr haben -- nämlich 20 überhaupt, wahrscheinlich zum mehrern Reden -- deren Brustbein kürzer und deren Brust¬ knochen weicher sind als bei den Männern, wie doch solche Menschen weiblichen Geschlechts noch die Magd oder den Kerl in eine Lesebibliothek mit dem Auftrag schicken können: "einen Ritterroman für meine Mademoiselle!" Meine Feder-Kollegen -- in Rücksicht der Weiber bin ich nach der Bergspra¬ che bloß von der Feder, nicht von Feuer noch von Leder -- werden zur Erziehung der Leserinnen wie nach Lessing die Juden zur Erziehung der Völ¬ ker nur darum gewählt, weil sie roher sind als die Eleven.
Jede Frau ist feiner als ihr Stand. Sie gewinnt mehr durch die Kultur als der Mann. Die weibli¬
rich Frauenlob, zu Grabe tragen — einen gedruckten Eidſchwur (d. h. Schwurſchwur,) daß er die meiſten ſeiner Zeitgenoſſinnen beſſer antraf als ſie der gute ofne, aber leere rohe Kopf des Verf. des Alcibiades und Nordenſchilds zeichnen kann. — In der That wenn die Weiber nicht den Maͤnnern alles verziehen, ſo¬ gar den Autoribus, (und zwar taͤglich ſiebenzigmal und ſie reichen den andern Backen dar, wenn der eine durch Kuͤſſen beleidigt worden:) ſo koͤnnt' es kein Buͤcherverleiher erklaͤren, wie Menſchen, deren Kopf doch ſchwerer, deren Zirbeldruͤſe kleiner iſt, die ſechs Knorpelringe der Luftroͤhre mehr haben — naͤmlich 20 uͤberhaupt, wahrſcheinlich zum mehrern Reden — deren Bruſtbein kuͤrzer und deren Bruſt¬ knochen weicher ſind als bei den Maͤnnern, wie doch ſolche Menſchen weiblichen Geſchlechts noch die Magd oder den Kerl in eine Leſebibliothek mit dem Auftrag ſchicken koͤnnen: »einen Ritterroman fuͤr meine Mademoiſelle!« Meine Feder-Kollegen — in Ruͤckſicht der Weiber bin ich nach der Bergſpra¬ che bloß von der Feder, nicht von Feuer noch von Leder — werden zur Erziehung der Leſerinnen wie nach Leſſing die Juden zur Erziehung der Voͤl¬ ker nur darum gewaͤhlt, weil ſie roher ſind als die Eleven.
Jede Frau iſt feiner als ihr Stand. Sie gewinnt mehr durch die Kultur als der Mann. Die weibli¬
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Eidſchwur (d. h. Schwurſchwur,) daß er die meiſten
ſeiner Zeitgenoſſinnen beſſer antraf als ſie der gute ofne,
aber leere rohe Kopf des Verf. des Alcibiades und
Nordenſchilds zeichnen kann. — In der That wenn
die Weiber nicht den Maͤnnern alles verziehen, ſo¬
gar den Autoribus, (und zwar taͤglich ſiebenzigmal
und ſie reichen den andern Backen dar, wenn der
eine durch Kuͤſſen beleidigt worden:) ſo koͤnnt' es
kein Buͤcherverleiher erklaͤren, wie Menſchen, deren
Kopf doch ſchwerer, deren Zirbeldruͤſe kleiner iſt, die
ſechs Knorpelringe der Luftroͤhre mehr haben —
naͤmlich 20 uͤberhaupt, wahrſcheinlich zum mehrern
Reden — deren Bruſtbein kuͤrzer und deren Bruſt¬
knochen weicher ſind als bei den Maͤnnern, wie doch
ſolche Menſchen weiblichen Geſchlechts noch die
Magd oder den Kerl in eine Leſebibliothek mit dem
Auftrag ſchicken koͤnnen: »einen Ritterroman fuͤr
meine Mademoiſelle!« Meine Feder-Kollegen —
in Ruͤckſicht der Weiber bin ich nach der Bergſpra¬
che bloß von der Feder, nicht von Feuer noch
von Leder — werden zur Erziehung der Leſerinnen
wie nach Leſſing die Juden zur Erziehung der Voͤl¬
ker nur darum gewaͤhlt, weil ſie roher ſind als die
Eleven.
Jede Frau iſt feiner als ihr Stand. Sie gewinnt
mehr durch die Kultur als der Mann. Die weibli¬
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/60>, abgerufen am 21.11.2024.
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