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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.

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-- und ich sank voll Wehmuth auf den Berg. . . .
Ich gieng endlich hinab wie in ein gelobtes Land, aber
meine ganze Seele wickelte ein weicher Leichenschleier
ein.

-- Und mein Viktor riß den Schleier weg und
drückte seine warme Seele an meine und wir schmol¬
zen ein zu einem glühenden Punkt. -- O ich will ihm
nachher, wenn er wiederkömmt aus der Abtei, noch
einmal und noch wärmer an die Brust fallen und
ihm dann erst meine Liebe recht sagen . . . O Vik¬
tor, wie bist du so milde und so harmonisch, so ver¬
edelt und so erweicht, wie schön in der Freuden¬
thräne, wie groß in der Begeisterung! -- Ach Men¬
schenliebe, die du dem innern Menschen das griechi¬
sche Profil und seinen Bewegungen Schönheitslinien
und seinen Reizen Brautschmuck giebst, verdopple
deine Wunder und Heilungskräfte in meiner hekti¬
schen Brust, wenn ich Thoren sehe, oder Sünder,
oder unähnliche Menschen, oder Feinde, oder Fremde!

Viktor, der nie die Angst eines Menschen noch
größer machte, gab uns einige Beruhigung über den
Lord. Er gieng zu Klotilden ins Stift, um uns
bei ihr und der Aebtissin anzumelden -- der späte
Besuch wird durch die Nothwendigkeit der nächtli¬
chen Zurückkehr entschuldigt. Bis er wiederkömmt,
halt' ich mit meiner Geschichte still. Ich sah ihm
nach auf seinem Wege zur Braut, und seine Hand,

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— und ich ſank voll Wehmuth auf den Berg. . . .
Ich gieng endlich hinab wie in ein gelobtes Land, aber
meine ganze Seele wickelte ein weicher Leichenſchleier
ein.

— Und mein Viktor riß den Schleier weg und
druͤckte ſeine warme Seele an meine und wir ſchmol¬
zen ein zu einem gluͤhenden Punkt. — O ich will ihm
nachher, wenn er wiederkoͤmmt aus der Abtei, noch
einmal und noch waͤrmer an die Bruſt fallen und
ihm dann erſt meine Liebe recht ſagen . . . O Vik¬
tor, wie biſt du ſo milde und ſo harmoniſch, ſo ver¬
edelt und ſo erweicht, wie ſchoͤn in der Freuden¬
thraͤne, wie groß in der Begeiſterung! — Ach Men¬
ſchenliebe, die du dem innern Menſchen das griechi¬
ſche Profil und ſeinen Bewegungen Schoͤnheitslinien
und ſeinen Reizen Brautſchmuck giebſt, verdopple
deine Wunder und Heilungskraͤfte in meiner hekti¬
ſchen Bruſt, wenn ich Thoren ſehe, oder Suͤnder,
oder unaͤhnliche Menſchen, oder Feinde, oder Fremde!

Viktor, der nie die Angſt eines Menſchen noch
groͤßer machte, gab uns einige Beruhigung uͤber den
Lord. Er gieng zu Klotilden ins Stift, um uns
bei ihr und der Aebtiſſin anzumelden — der ſpaͤte
Beſuch wird durch die Nothwendigkeit der naͤchtli¬
chen Zuruͤckkehr entſchuldigt. Bis er wiederkoͤmmt,
halt' ich mit meiner Geſchichte ſtill. Ich ſah ihm
nach auf ſeinem Wege zur Braut, und ſeine Hand,

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[435/0445] — und ich ſank voll Wehmuth auf den Berg. . . . Ich gieng endlich hinab wie in ein gelobtes Land, aber meine ganze Seele wickelte ein weicher Leichenſchleier ein. — Und mein Viktor riß den Schleier weg und druͤckte ſeine warme Seele an meine und wir ſchmol¬ zen ein zu einem gluͤhenden Punkt. — O ich will ihm nachher, wenn er wiederkoͤmmt aus der Abtei, noch einmal und noch waͤrmer an die Bruſt fallen und ihm dann erſt meine Liebe recht ſagen . . . O Vik¬ tor, wie biſt du ſo milde und ſo harmoniſch, ſo ver¬ edelt und ſo erweicht, wie ſchoͤn in der Freuden¬ thraͤne, wie groß in der Begeiſterung! — Ach Men¬ ſchenliebe, die du dem innern Menſchen das griechi¬ ſche Profil und ſeinen Bewegungen Schoͤnheitslinien und ſeinen Reizen Brautſchmuck giebſt, verdopple deine Wunder und Heilungskraͤfte in meiner hekti¬ ſchen Bruſt, wenn ich Thoren ſehe, oder Suͤnder, oder unaͤhnliche Menſchen, oder Feinde, oder Fremde! Viktor, der nie die Angſt eines Menſchen noch groͤßer machte, gab uns einige Beruhigung uͤber den Lord. Er gieng zu Klotilden ins Stift, um uns bei ihr und der Aebtiſſin anzumelden — der ſpaͤte Beſuch wird durch die Nothwendigkeit der naͤchtli¬ chen Zuruͤckkehr entſchuldigt. Bis er wiederkoͤmmt, halt' ich mit meiner Geſchichte ſtill. Ich ſah ihm nach auf ſeinem Wege zur Braut, und ſeine Hand, Ee 2

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Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/445>, abgerufen am 25.11.2024.