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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.

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und letzte Belohnung, als ein Tref- und Spies¬
folgedank, als eine Ovazion sollte aufgehoben blei¬
ben? --

Im nächstrn Kapitel kann man sich auf einen
Lärm gefaßt machen, dergleichen man in wenig deut¬
schen Kapiteln hört: die Lärmkanonen der Hofpar¬
thei, das Herabpoltern der Bühnen und das Um¬
schmeißen der Stühle nach gehegtem peinlichen Ge¬
richt werd' ich bis in meine Insel herüber hören
können. Der schwarzhaarige und schwarzherzige Hof¬
junker wird, wenn er aus dem Arrest los ist, mit
seiner ironischen Miene und mit der eignen leisen
Stimme -- die Ripienstimme seines boshaftesten
Hohns wie bei andern des erhabensten Enthusias¬
mus -- überal herumstreichen und sagen: er wün¬
sche der Lord erschiene, er habe bisher in seinen
Sachen nach Vermögen gearbeitet. Am Hofe ist
man zuweilen erhaben durch eine vorstechende Bos¬
heit, wie nach Burke kein Geruch erhaben ist als
der allerstinkendste, und kein Geschmack als der bit¬
terste. Und eben so verbirgt da jeder die mitleidige
Theilnahme am fallenden Günstling leicht, ähnlich
dem weisen Vater, der beim Fall eines Kindes das
mitleidige Gesicht unter ein lustiges versteckt.

Den 21. Oktober kommt Matthieu los und darf
zu Flamin gehen -- er hat sich's ausgebeten -- und

und letzte Belohnung, als ein Tref- und Spies¬
folgedank, als eine Ovazion ſollte aufgehoben blei¬
ben? —

Im naͤchſtrn Kapitel kann man ſich auf einen
Laͤrm gefaßt machen, dergleichen man in wenig deut¬
ſchen Kapiteln hoͤrt: die Laͤrmkanonen der Hofpar¬
thei, das Herabpoltern der Buͤhnen und das Um¬
ſchmeißen der Stuͤhle nach gehegtem peinlichen Ge¬
richt werd' ich bis in meine Inſel heruͤber hoͤren
koͤnnen. Der ſchwarzhaarige und ſchwarzherzige Hof¬
junker wird, wenn er aus dem Arreſt los iſt, mit
ſeiner ironiſchen Miene und mit der eignen leiſen
Stimme — die Ripienſtimme ſeines boshafteſten
Hohns wie bei andern des erhabenſten Enthuſias¬
mus — uͤberal herumſtreichen und ſagen: er wuͤn¬
ſche der Lord erſchiene, er habe bisher in ſeinen
Sachen nach Vermoͤgen gearbeitet. Am Hofe iſt
man zuweilen erhaben durch eine vorſtechende Bos¬
heit, wie nach Burke kein Geruch erhaben iſt als
der allerſtinkendſte, und kein Geſchmack als der bit¬
terſte. Und eben ſo verbirgt da jeder die mitleidige
Theilnahme am fallenden Guͤnſtling leicht, aͤhnlich
dem weiſen Vater, der beim Fall eines Kindes das
mitleidige Geſicht unter ein luſtiges verſteckt.

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[388/0398] und letzte Belohnung, als ein Tref- und Spies¬ folgedank, als eine Ovazion ſollte aufgehoben blei¬ ben? — Im naͤchſtrn Kapitel kann man ſich auf einen Laͤrm gefaßt machen, dergleichen man in wenig deut¬ ſchen Kapiteln hoͤrt: die Laͤrmkanonen der Hofpar¬ thei, das Herabpoltern der Buͤhnen und das Um¬ ſchmeißen der Stuͤhle nach gehegtem peinlichen Ge¬ richt werd' ich bis in meine Inſel heruͤber hoͤren koͤnnen. Der ſchwarzhaarige und ſchwarzherzige Hof¬ junker wird, wenn er aus dem Arreſt los iſt, mit ſeiner ironiſchen Miene und mit der eignen leiſen Stimme — die Ripienſtimme ſeines boshafteſten Hohns wie bei andern des erhabenſten Enthuſias¬ mus — uͤberal herumſtreichen und ſagen: er wuͤn¬ ſche der Lord erſchiene, er habe bisher in ſeinen Sachen nach Vermoͤgen gearbeitet. Am Hofe iſt man zuweilen erhaben durch eine vorſtechende Bos¬ heit, wie nach Burke kein Geruch erhaben iſt als der allerſtinkendſte, und kein Geſchmack als der bit¬ terſte. Und eben ſo verbirgt da jeder die mitleidige Theilnahme am fallenden Guͤnſtling leicht, aͤhnlich dem weiſen Vater, der beim Fall eines Kindes das mitleidige Geſicht unter ein luſtiges verſteckt. Den 21. Oktober kommt Matthieu los und darf zu Flamin gehen — er hat ſich's ausgebeten — und

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Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/398>, abgerufen am 23.11.2024.