Staat sicher eher zuviel als zu wenig Edelleute (wie doch nicht ist) besitzen, wäre ihnen nicht gegenseiti¬ ges Erschießen oder Erstechen verstattet. In Rück¬ sicht der kleinen Fürsten, die in der Kanzlei-Bäcke¬ rei gemacht werden, wäre weiter nichts zu wün¬ schen, als daß zugleich auch Unterthanen -- ein oder ein Paar Rudel mit jedem Fürsten -- mit abfielen von der Drehscheibe; so wie ich überhaupt auch nicht weiß, warum die Reichskanzlei nur Poeten machen will, da sie doch eben so gut Historiker, Biographen, Rezensenten von ihrer Salpeterwand abkratzen könn¬ te. -- Man wende mir nicht ein, am Hofe schieße man sich selten: hier hat die Natur selber auf eine andere Art wohlthätige Gränzen der Hofleute gesteckt, etwan so wie bei den Hamstern, bei denen Bech¬ stein die weise Absicht ihrer Entvölkerung darin fin¬ det, daß sie, so boshaft-bißig sie auch sonst das Ihrige verfechten, gleichwol ihre Brut nicht zum Ihrigen rechnen, sondern sie gern fahren lassen. Auch dürfte D. Fenk mehr Recht haben, der ihre Partei nimmt und sagt, er gebe zu, sie nützten nichts den wichtigern Gliedern des Staats dem Lehr- dem Bauernstande etc., aber doch viel den klei¬ nern unnützen Gliedern, den Meßhelfern des Luxus, den Friseurs, der Lakaienschaft etc. und ein Unpar¬ theiischer müsse sie mit den Brennesseln vergleichen,
Staat ſicher eher zuviel als zu wenig Edelleute (wie doch nicht iſt) beſitzen, waͤre ihnen nicht gegenſeiti¬ ges Erſchießen oder Erſtechen verſtattet. In Ruͤck¬ ſicht der kleinen Fuͤrſten, die in der Kanzlei-Baͤcke¬ rei gemacht werden, waͤre weiter nichts zu wuͤn¬ ſchen, als daß zugleich auch Unterthanen — ein oder ein Paar Rudel mit jedem Fuͤrſten — mit abfielen von der Drehſcheibe; ſo wie ich uͤberhaupt auch nicht weiß, warum die Reichskanzlei nur Poeten machen will, da ſie doch eben ſo gut Hiſtoriker, Biographen, Rezenſenten von ihrer Salpeterwand abkratzen koͤnn¬ te. — Man wende mir nicht ein, am Hofe ſchieße man ſich ſelten: hier hat die Natur ſelber auf eine andere Art wohlthaͤtige Graͤnzen der Hofleute geſteckt, etwan ſo wie bei den Hamſtern, bei denen Bech¬ ſtein die weiſe Abſicht ihrer Entvoͤlkerung darin fin¬ det, daß ſie, ſo boshaft-bißig ſie auch ſonſt das Ihrige verfechten, gleichwol ihre Brut nicht zum Ihrigen rechnen, ſondern ſie gern fahren laſſen. Auch duͤrfte D. Fenk mehr Recht haben, der ihre Partei nimmt und ſagt, er gebe zu, ſie nuͤtzten nichts den wichtigern Gliedern des Staats dem Lehr- dem Bauernſtande ꝛc., aber doch viel den klei¬ nern unnuͤtzen Gliedern, den Meßhelfern des Luxus, den Friſeurs, der Lakaienſchaft ꝛc. und ein Unpar¬ theiiſcher muͤſſe ſie mit den Brenneſſeln vergleichen,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0334"n="324"/>
Staat ſicher eher zuviel als zu wenig Edelleute (wie<lb/>
doch nicht iſt) beſitzen, waͤre ihnen nicht gegenſeiti¬<lb/>
ges Erſchießen oder Erſtechen verſtattet. In Ruͤck¬<lb/>ſicht der kleinen Fuͤrſten, die in der Kanzlei-Baͤcke¬<lb/>
rei gemacht werden, waͤre weiter nichts zu wuͤn¬<lb/>ſchen, als daß zugleich auch Unterthanen — ein oder<lb/>
ein Paar Rudel mit jedem Fuͤrſten — mit abfielen<lb/>
von der Drehſcheibe; ſo wie ich uͤberhaupt auch nicht<lb/>
weiß, warum die Reichskanzlei nur Poeten machen<lb/>
will, da ſie doch eben ſo gut Hiſtoriker, Biographen,<lb/>
Rezenſenten von ihrer Salpeterwand abkratzen koͤnn¬<lb/>
te. — Man wende mir nicht ein, am Hofe ſchieße<lb/>
man ſich ſelten: hier hat die Natur ſelber auf eine<lb/>
andere Art wohlthaͤtige Graͤnzen der Hofleute geſteckt,<lb/>
etwan ſo wie bei den Hamſtern, bei denen <hirendition="#g">Bech¬<lb/>ſtein</hi> die weiſe Abſicht ihrer Entvoͤlkerung darin fin¬<lb/>
det, daß ſie, ſo boshaft-bißig ſie auch ſonſt das<lb/>
Ihrige verfechten, gleichwol ihre Brut nicht zum<lb/>
Ihrigen rechnen, ſondern ſie gern fahren laſſen.<lb/>
Auch duͤrfte <hirendition="#aq">D</hi>. Fenk mehr Recht haben, der ihre<lb/>
Partei nimmt und ſagt, er gebe zu, ſie nuͤtzten<lb/>
nichts den wichtigern Gliedern des Staats dem<lb/>
Lehr- dem Bauernſtande ꝛc., aber doch viel den klei¬<lb/>
nern unnuͤtzen Gliedern, den Meßhelfern des Luxus,<lb/>
den Friſeurs, der Lakaienſchaft ꝛc. und ein Unpar¬<lb/>
theiiſcher muͤſſe ſie mit den Brenneſſeln vergleichen,<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[324/0334]
Staat ſicher eher zuviel als zu wenig Edelleute (wie
doch nicht iſt) beſitzen, waͤre ihnen nicht gegenſeiti¬
ges Erſchießen oder Erſtechen verſtattet. In Ruͤck¬
ſicht der kleinen Fuͤrſten, die in der Kanzlei-Baͤcke¬
rei gemacht werden, waͤre weiter nichts zu wuͤn¬
ſchen, als daß zugleich auch Unterthanen — ein oder
ein Paar Rudel mit jedem Fuͤrſten — mit abfielen
von der Drehſcheibe; ſo wie ich uͤberhaupt auch nicht
weiß, warum die Reichskanzlei nur Poeten machen
will, da ſie doch eben ſo gut Hiſtoriker, Biographen,
Rezenſenten von ihrer Salpeterwand abkratzen koͤnn¬
te. — Man wende mir nicht ein, am Hofe ſchieße
man ſich ſelten: hier hat die Natur ſelber auf eine
andere Art wohlthaͤtige Graͤnzen der Hofleute geſteckt,
etwan ſo wie bei den Hamſtern, bei denen Bech¬
ſtein die weiſe Abſicht ihrer Entvoͤlkerung darin fin¬
det, daß ſie, ſo boshaft-bißig ſie auch ſonſt das
Ihrige verfechten, gleichwol ihre Brut nicht zum
Ihrigen rechnen, ſondern ſie gern fahren laſſen.
Auch duͤrfte D. Fenk mehr Recht haben, der ihre
Partei nimmt und ſagt, er gebe zu, ſie nuͤtzten
nichts den wichtigern Gliedern des Staats dem
Lehr- dem Bauernſtande ꝛc., aber doch viel den klei¬
nern unnuͤtzen Gliedern, den Meßhelfern des Luxus,
den Friſeurs, der Lakaienſchaft ꝛc. und ein Unpar¬
theiiſcher muͤſſe ſie mit den Brenneſſeln vergleichen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/334>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.