Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

in sein Elementarfeuer sanftes Oel und einige Zün¬
deruthen nach: sie haßte Klotilden, weil diese geliebt
wurde, und unsern Helden, weil er nicht wie der
Evangelist die Stiefmutter über die Stieftochter er¬
hob. Eine Frau, die für einen Mann in den Tod
gegangen ist, d. h. in einen kurzen Schlaf (welches
der Tod für Fromme ist,) nämlich in eine Ohnmacht
-- wie eben die Frau Wittwe im 8ten Posttage --
darf schon diesen Mann hassen, wenn er sich nicht
lieben lässet. Der Evangelist, der bisher Klotildens
und Viktors Liebe nur für die zufällige Galanterie
einer Minute gehalten und der die flüchtige Verbin¬
dung mit seiner Schwester Joachime auch für keine
längere angesehen hatte, war teufelstoll über den
Fehlschuß im ersten Falle und über den Königsschuß
im zweiten: und beschloß, sich und seine Schwester,
die er mehr als seinen Vater liebte, an jedem zu
rächen.

Er hinterbrachte dem Regierungsrath zuerst ob¬
wohl ohne 24 blasende Postillons den Sieg Viktors
über sie beide. Flamin hätte im eingesperrten Grün
gern den einen Welttheil am andern zersplittert;
aber Maz faßte sich und wälzte alles auf den Kam¬
merherrn: "dieser sey ein kleiner Filou und ein gro¬
"ßer Hofmann -- er habe vielleicht mehr als der
"Liebhaber Klotildens Badreise nach Maienthal ver¬
"mittelt -- er und nicht so sehr Viktor, suche aus

in ſein Elementarfeuer ſanftes Oel und einige Zuͤn¬
deruthen nach: ſie haßte Klotilden, weil dieſe geliebt
wurde, und unſern Helden, weil er nicht wie der
Evangeliſt die Stiefmutter uͤber die Stieftochter er¬
hob. Eine Frau, die fuͤr einen Mann in den Tod
gegangen iſt, d. h. in einen kurzen Schlaf (welches
der Tod fuͤr Fromme iſt,) naͤmlich in eine Ohnmacht
— wie eben die Frau Wittwe im 8ten Poſttage —
darf ſchon dieſen Mann haſſen, wenn er ſich nicht
lieben laͤſſet. Der Evangeliſt, der bisher Klotildens
und Viktors Liebe nur fuͤr die zufaͤllige Galanterie
einer Minute gehalten und der die fluͤchtige Verbin¬
dung mit ſeiner Schweſter Joachime auch fuͤr keine
laͤngere angeſehen hatte, war teufelstoll uͤber den
Fehlſchuß im erſten Falle und uͤber den Koͤnigsſchuß
im zweiten: und beſchloß, ſich und ſeine Schweſter,
die er mehr als ſeinen Vater liebte, an jedem zu
raͤchen.

Er hinterbrachte dem Regierungsrath zuerſt ob¬
wohl ohne 24 blaſende Poſtillons den Sieg Viktors
uͤber ſie beide. Flamin haͤtte im eingeſperrten Gruͤn
gern den einen Welttheil am andern zerſplittert;
aber Maz faßte ſich und waͤlzte alles auf den Kam¬
merherrn: »dieſer ſey ein kleiner Filou und ein gro¬
»ßer Hofmann — er habe vielleicht mehr als der
»Liebhaber Klotildens Badreiſe nach Maienthal ver¬
»mittelt — er und nicht ſo ſehr Viktor, ſuche aus

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0328" n="318"/>
in &#x017F;ein Elementarfeuer &#x017F;anftes Oel und einige Zu&#x0364;<lb/>
deruthen nach: &#x017F;ie haßte Klotilden, weil die&#x017F;e geliebt<lb/>
wurde, und un&#x017F;ern Helden, weil er nicht wie der<lb/>
Evangeli&#x017F;t die Stiefmutter u&#x0364;ber die Stieftochter er¬<lb/>
hob. Eine Frau, die fu&#x0364;r einen Mann in den Tod<lb/>
gegangen i&#x017F;t, d. h. in einen kurzen Schlaf (welches<lb/>
der Tod fu&#x0364;r Fromme i&#x017F;t,) na&#x0364;mlich in eine Ohnmacht<lb/>
&#x2014; wie eben die Frau Wittwe im 8ten Po&#x017F;ttage &#x2014;<lb/>
darf &#x017F;chon die&#x017F;en Mann ha&#x017F;&#x017F;en, wenn er &#x017F;ich nicht<lb/>
lieben la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et. Der Evangeli&#x017F;t, der bisher Klotildens<lb/>
und Viktors Liebe nur fu&#x0364;r die zufa&#x0364;llige Galanterie<lb/>
einer Minute gehalten und der die flu&#x0364;chtige Verbin¬<lb/>
dung mit &#x017F;einer Schwe&#x017F;ter Joachime auch fu&#x0364;r keine<lb/>
la&#x0364;ngere ange&#x017F;ehen hatte, war teufelstoll u&#x0364;ber den<lb/>
Fehl&#x017F;chuß im er&#x017F;ten Falle und u&#x0364;ber den Ko&#x0364;nigs&#x017F;chuß<lb/>
im zweiten: und be&#x017F;chloß, &#x017F;ich und &#x017F;eine Schwe&#x017F;ter,<lb/>
die er mehr als &#x017F;einen Vater liebte, an jedem zu<lb/>
ra&#x0364;chen.</p><lb/>
          <p>Er hinterbrachte dem Regierungsrath zuer&#x017F;t ob¬<lb/>
wohl ohne 24 bla&#x017F;ende Po&#x017F;tillons den Sieg Viktors<lb/>
u&#x0364;ber &#x017F;ie beide. Flamin ha&#x0364;tte im einge&#x017F;perrten Gru&#x0364;n<lb/>
gern den einen Welttheil am andern zer&#x017F;plittert;<lb/>
aber Maz faßte &#x017F;ich und wa&#x0364;lzte alles auf den Kam¬<lb/>
merherrn: »die&#x017F;er &#x017F;ey ein kleiner Filou und ein gro¬<lb/>
ȧer Hofmann &#x2014; er habe vielleicht mehr als der<lb/>
»Liebhaber Klotildens Badrei&#x017F;e nach Maienthal ver¬<lb/>
»mittelt &#x2014; er und nicht &#x017F;o &#x017F;ehr Viktor, &#x017F;uche aus<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[318/0328] in ſein Elementarfeuer ſanftes Oel und einige Zuͤn¬ deruthen nach: ſie haßte Klotilden, weil dieſe geliebt wurde, und unſern Helden, weil er nicht wie der Evangeliſt die Stiefmutter uͤber die Stieftochter er¬ hob. Eine Frau, die fuͤr einen Mann in den Tod gegangen iſt, d. h. in einen kurzen Schlaf (welches der Tod fuͤr Fromme iſt,) naͤmlich in eine Ohnmacht — wie eben die Frau Wittwe im 8ten Poſttage — darf ſchon dieſen Mann haſſen, wenn er ſich nicht lieben laͤſſet. Der Evangeliſt, der bisher Klotildens und Viktors Liebe nur fuͤr die zufaͤllige Galanterie einer Minute gehalten und der die fluͤchtige Verbin¬ dung mit ſeiner Schweſter Joachime auch fuͤr keine laͤngere angeſehen hatte, war teufelstoll uͤber den Fehlſchuß im erſten Falle und uͤber den Koͤnigsſchuß im zweiten: und beſchloß, ſich und ſeine Schweſter, die er mehr als ſeinen Vater liebte, an jedem zu raͤchen. Er hinterbrachte dem Regierungsrath zuerſt ob¬ wohl ohne 24 blaſende Poſtillons den Sieg Viktors uͤber ſie beide. Flamin haͤtte im eingeſperrten Gruͤn gern den einen Welttheil am andern zerſplittert; aber Maz faßte ſich und waͤlzte alles auf den Kam¬ merherrn: »dieſer ſey ein kleiner Filou und ein gro¬ »ßer Hofmann — er habe vielleicht mehr als der »Liebhaber Klotildens Badreiſe nach Maienthal ver¬ »mittelt — er und nicht ſo ſehr Viktor, ſuche aus

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/328
Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/328>, abgerufen am 23.11.2024.