der Schöpfung hinein und ließ ihn erblindend in's brausende flammende Elysium taumeln. -- -- --
O siehe! da überfloß ein unermeßliches Athmen kühlend, regend, lispelnd das ganze entbrannte Pa¬ radies und die kleinen Blumen bogen sich schweigend nieder und die grünen Aehren walleten säuselnd zu¬ sammen und die erhabnen Bäume zitterten und brau¬ sten -- aber nur die große Brust des Menschen trank den unendlichen Athem in Strömen ein und Emanuels Herz zerfloß eh' es sagen konnte: "Das "bist du, Alliebender!" --
-- Du, der du mich hier liesest, läugne Gott nicht, wenn du in den Morgen trittst oder unter den Sternenhimmel, oder wenn du gut oder wenn du glücklich bist! --
-- Aber, unglücklicher Emanuel!
Du sahest fünf spielenden Trauermänteln zu und hieltest die schönen Schmetterlinge für seelige Psy¬ chen -- Du hörtest hinter deinem Hügel in die Erde hauen als mache man ein Grab -- Du sahest deinen guten Blinden an und sagtest doch: "Schatte! wei¬ "che. . . . . . . . . . . Fürchte dich vor Gott, der "vorüberging, und verschwinde!" -- Aber du sagtest vorher noch etwas, was ich heute nicht enthülle --
-- Mein Herz zittert vor der künftigen Zeile! --
Heulend vor Schmerz, grinzend vor freudiger Wuth sprang das tolle Todtengebein in die seelige
der Schoͤpfung hinein und ließ ihn erblindend in's brauſende flammende Elyſium taumeln. — — —
O ſiehe! da uͤberfloß ein unermeßliches Athmen kuͤhlend, regend, liſpelnd das ganze entbrannte Pa¬ radies und die kleinen Blumen bogen ſich ſchweigend nieder und die gruͤnen Aehren walleten ſaͤuſelnd zu¬ ſammen und die erhabnen Baͤume zitterten und brau¬ ſten — aber nur die große Bruſt des Menſchen trank den unendlichen Athem in Stroͤmen ein und Emanuels Herz zerfloß eh' es ſagen konnte: »Das »biſt du, Alliebender!« —
— Du, der du mich hier lieſeſt, laͤugne Gott nicht, wenn du in den Morgen trittſt oder unter den Sternenhimmel, oder wenn du gut oder wenn du gluͤcklich biſt! —
— Aber, ungluͤcklicher Emanuel!
Du ſaheſt fuͤnf ſpielenden Trauermaͤnteln zu und hielteſt die ſchoͤnen Schmetterlinge fuͤr ſeelige Pſy¬ chen — Du hoͤrteſt hinter deinem Huͤgel in die Erde hauen als mache man ein Grab — Du ſaheſt deinen guten Blinden an und ſagteſt doch: »Schatte! wei¬ »che. . . . . . . . . . . Fuͤrchte dich vor Gott, der »voruͤberging, und verſchwinde!« — Aber du ſagteſt vorher noch etwas, was ich heute nicht enthuͤlle —
— Mein Herz zittert vor der kuͤnftigen Zeile! —
Heulend vor Schmerz, grinzend vor freudiger Wuth ſprang das tolle Todtengebein in die ſeelige
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der Schoͤpfung hinein und ließ ihn erblindend in's
brauſende flammende Elyſium taumeln. — — —
O ſiehe! da uͤberfloß ein unermeßliches Athmen
kuͤhlend, regend, liſpelnd das ganze entbrannte Pa¬
radies und die kleinen Blumen bogen ſich ſchweigend
nieder und die gruͤnen Aehren walleten ſaͤuſelnd zu¬
ſammen und die erhabnen Baͤume zitterten und brau¬
ſten — aber nur die große Bruſt des Menſchen
trank den unendlichen Athem in Stroͤmen ein und
Emanuels Herz zerfloß eh' es ſagen konnte: »Das
»biſt du, Alliebender!« —
— Du, der du mich hier lieſeſt, laͤugne Gott
nicht, wenn du in den Morgen trittſt oder unter
den Sternenhimmel, oder wenn du gut oder wenn du
gluͤcklich biſt! —
— Aber, ungluͤcklicher Emanuel!
Du ſaheſt fuͤnf ſpielenden Trauermaͤnteln zu und
hielteſt die ſchoͤnen Schmetterlinge fuͤr ſeelige Pſy¬
chen — Du hoͤrteſt hinter deinem Huͤgel in die Erde
hauen als mache man ein Grab — Du ſaheſt deinen
guten Blinden an und ſagteſt doch: »Schatte! wei¬
»che. . . . . . . . . . . Fuͤrchte dich vor Gott, der
»voruͤberging, und verſchwinde!« — Aber du ſagteſt
vorher noch etwas, was ich heute nicht enthuͤlle —
— Mein Herz zittert vor der kuͤnftigen Zeile! —
Heulend vor Schmerz, grinzend vor freudiger
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/294>, abgerufen am 21.11.2024.
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