Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

kouvertir' es postfrei an die Matzdorfsche Verlagshand¬
lung in Berlin und nenne sich mir, wenn sie fähig war,
ihren armen Pastor fido nicht zu schinden und zu spiessen,
noch mit Zwickelurtheln zu verfolgen, noch ihm mit den
Kompressionsmaschinen der Hände sein Herz voll
komplizirter Frakturen, mit der Fächer-Bastonade
seinen Kopf voll Fissuren mit den Augen die Brust
voll Brandblasen zu machen und ihm wie dem
Rauchtabak mit Thränen eine Baize zu geben. . . .
Wenigstens komm' ich selber gegenwärtig gerade aus
einem solchen Zucht- und Hazhaus heraus und seh'
erbärmlich aus in meiner Haut, als hätt' ich eine
skalpirte um mich geschlagen.

Wir wollen nichts weiter davon reden. Meine
Absicht bei allem ist, den Leser standhaft zu machen,
weil ein ganz neues Regengestirn, das ich gar nicht
nahmhaft gemacht, für ihn herauf steigt, um ihn
einzuschneien. Das tobet ärger als alles Vorige.
Ich meine so, ein Reichsbürger kann schon mit
Allem zu Rande seyn -- seine Kasse und seine Feinde
können schon gestürzt und seine Arbeiten vom Publi¬
kum oder vom Kollegio recht gut aufgenommen --
seine Fristgesuche bewilligt und die Quinquennels
seiner Schuldner abgeschlagen worden seyn -- seine
jüngste Tochter, die wie die älteste des Bruders des
französischen Königs, Mademoiselle heisset, kann
schon die Blattern überstanden haben und die Ver¬

kouvertir' es poſtfrei an die Matzdorfſche Verlagshand¬
lung in Berlin und nenne ſich mir‚ wenn ſie faͤhig war‚
ihren armen Pastor fido nicht zu ſchinden und zu ſpieſſen‚
noch mit Zwickelurtheln zu verfolgen‚ noch ihm mit den
Kompreſſionsmaſchinen der Haͤnde ſein Herz voll
komplizirter Frakturen‚ mit der Faͤcher-Baſtonade
ſeinen Kopf voll Fiſſuren mit den Augen die Bruſt
voll Brandblaſen zu machen und ihm wie dem
Rauchtabak mit Thraͤnen eine Baize zu geben. . . .
Wenigſtens komm' ich ſelber gegenwaͤrtig gerade aus
einem ſolchen Zucht- und Hazhaus heraus und ſeh'
erbaͤrmlich aus in meiner Haut‚ als haͤtt' ich eine
ſkalpirte um mich geſchlagen.

Wir wollen nichts weiter davon reden. Meine
Abſicht bei allem iſt‚ den Leſer ſtandhaft zu machen‚
weil ein ganz neues Regengeſtirn‚ das ich gar nicht
nahmhaft gemacht, fuͤr ihn herauf ſteigt, um ihn
einzuſchneien. Das tobet aͤrger als alles Vorige.
Ich meine ſo, ein Reichsbuͤrger kann ſchon mit
Allem zu Rande ſeyn — ſeine Kaſſe und ſeine Feinde
koͤnnen ſchon geſtuͤrzt und ſeine Arbeiten vom Publi¬
kum oder vom Kollegio recht gut aufgenommen —
ſeine Friſtgeſuche bewilligt und die Quinquennels
ſeiner Schuldner abgeſchlagen worden ſeyn — ſeine
juͤngſte Tochter, die wie die aͤlteſte des Bruders des
franzoͤſiſchen Koͤnigs, Mademoiſelle heiſſet, kann
ſchon die Blattern uͤberſtanden haben und die Ver¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0016" n="6"/>
kouvertir' es po&#x017F;tfrei an die Matzdorf&#x017F;che Verlagshand¬<lb/>
lung in Berlin und nenne &#x017F;ich mir&#x201A; wenn &#x017F;ie fa&#x0364;hig war&#x201A;<lb/>
ihren armen <hi rendition="#aq">Pastor fido</hi> nicht zu &#x017F;chinden und zu &#x017F;pie&#x017F;&#x017F;en&#x201A;<lb/>
noch mit Zwickelurtheln zu verfolgen&#x201A; noch ihm mit den<lb/>
Kompre&#x017F;&#x017F;ionsma&#x017F;chinen der Ha&#x0364;nde &#x017F;ein Herz voll<lb/>
komplizirter Frakturen&#x201A; mit der Fa&#x0364;cher-Ba&#x017F;tonade<lb/>
&#x017F;einen Kopf voll Fi&#x017F;&#x017F;uren mit den Augen die Bru&#x017F;t<lb/>
voll Brandbla&#x017F;en zu machen und ihm wie dem<lb/>
Rauchtabak mit Thra&#x0364;nen eine Baize zu geben. . . .<lb/>
Wenig&#x017F;tens komm' ich &#x017F;elber gegenwa&#x0364;rtig gerade aus<lb/>
einem &#x017F;olchen Zucht- und Hazhaus heraus und &#x017F;eh'<lb/>
erba&#x0364;rmlich aus in meiner Haut&#x201A; als ha&#x0364;tt' ich eine<lb/>
&#x017F;kalpirte um mich ge&#x017F;chlagen.</p><lb/>
            <p>Wir wollen nichts weiter davon reden. Meine<lb/>
Ab&#x017F;icht bei allem i&#x017F;t&#x201A; den Le&#x017F;er &#x017F;tandhaft zu machen&#x201A;<lb/>
weil ein ganz neues Regenge&#x017F;tirn&#x201A; das ich gar nicht<lb/>
nahmhaft gemacht, fu&#x0364;r ihn herauf &#x017F;teigt, um ihn<lb/>
einzu&#x017F;chneien. Das tobet a&#x0364;rger als alles Vorige.<lb/>
Ich meine &#x017F;o, ein Reichsbu&#x0364;rger kann &#x017F;chon mit<lb/>
Allem zu Rande &#x017F;eyn &#x2014; &#x017F;eine Ka&#x017F;&#x017F;e und &#x017F;eine Feinde<lb/>
ko&#x0364;nnen &#x017F;chon ge&#x017F;tu&#x0364;rzt und &#x017F;eine Arbeiten vom Publi¬<lb/>
kum oder vom Kollegio recht gut aufgenommen &#x2014;<lb/>
&#x017F;eine Fri&#x017F;tge&#x017F;uche bewilligt und die Quinquennels<lb/>
&#x017F;einer Schuldner abge&#x017F;chlagen worden &#x017F;eyn &#x2014; &#x017F;eine<lb/>
ju&#x0364;ng&#x017F;te Tochter, die wie die a&#x0364;lte&#x017F;te des Bruders des<lb/>
franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Ko&#x0364;nigs, Mademoi&#x017F;elle hei&#x017F;&#x017F;et, kann<lb/>
&#x017F;chon die Blattern u&#x0364;ber&#x017F;tanden haben und die Ver¬<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/0016] kouvertir' es poſtfrei an die Matzdorfſche Verlagshand¬ lung in Berlin und nenne ſich mir‚ wenn ſie faͤhig war‚ ihren armen Pastor fido nicht zu ſchinden und zu ſpieſſen‚ noch mit Zwickelurtheln zu verfolgen‚ noch ihm mit den Kompreſſionsmaſchinen der Haͤnde ſein Herz voll komplizirter Frakturen‚ mit der Faͤcher-Baſtonade ſeinen Kopf voll Fiſſuren mit den Augen die Bruſt voll Brandblaſen zu machen und ihm wie dem Rauchtabak mit Thraͤnen eine Baize zu geben. . . . Wenigſtens komm' ich ſelber gegenwaͤrtig gerade aus einem ſolchen Zucht- und Hazhaus heraus und ſeh' erbaͤrmlich aus in meiner Haut‚ als haͤtt' ich eine ſkalpirte um mich geſchlagen. Wir wollen nichts weiter davon reden. Meine Abſicht bei allem iſt‚ den Leſer ſtandhaft zu machen‚ weil ein ganz neues Regengeſtirn‚ das ich gar nicht nahmhaft gemacht, fuͤr ihn herauf ſteigt, um ihn einzuſchneien. Das tobet aͤrger als alles Vorige. Ich meine ſo, ein Reichsbuͤrger kann ſchon mit Allem zu Rande ſeyn — ſeine Kaſſe und ſeine Feinde koͤnnen ſchon geſtuͤrzt und ſeine Arbeiten vom Publi¬ kum oder vom Kollegio recht gut aufgenommen — ſeine Friſtgeſuche bewilligt und die Quinquennels ſeiner Schuldner abgeſchlagen worden ſeyn — ſeine juͤngſte Tochter, die wie die aͤlteſte des Bruders des franzoͤſiſchen Koͤnigs, Mademoiſelle heiſſet, kann ſchon die Blattern uͤberſtanden haben und die Ver¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/16
Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/16>, abgerufen am 26.04.2024.