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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795.

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dieses Mittel dir zu heroisch: so suche für deine
Thränen ein Auge das sie nachahmt und eine Stim¬
me, die dich fraget, warum du so bist. Und denke
nach: der Wiederhall des zweiten Lebens, die Stim¬
me unserer bescheidnen, schönern, frömmern Seele
wird nur in einem vom Kummer verdunkelten Bu¬
sen laut, wie die Nachtigallen schlagen, wenn man
ihren Käfich überhüllt.

Oft betrübte sich Sebastian darüber, daß er hier
so wenig seine edlern Kräfte für die Menschheit an¬
spannen könne, daß seine Träume, durch den Fürsten
Uebel zu verhüten, Gutes auszurichten, Fieberträume
blieben, weil sogar die besten Männer am Ruder des
Staats z. B. Aemter durchaus nur nach Konnexio¬
nen und Empfehlungen besetzten und fremde und ei¬
gne Aemter nie für Pflichten, sondern für Berg¬
werkskuxen hielten -- -- er betrübte sich über seine
Unnützlichkeit; aber er tröstetete sich mit ihrer Noth¬
wendigkeit: "in einem Jahr, wenn mein Vater
"kömmt, sag' ich mich loß und richte mich zu et¬
was besserem auf" und sein Gewissen setzte dazu,
daß seine persönliche Unnützlichkeit der Tugend seines
Vaters diene und daß es besser sey, in einem Rade,
bei der Tüchtigkeit zu einem Perpendikel, ein Zahn
zu seyn, ohne den das Gehwerk stocken würde, als
der Perpendikel des ungezähnten Rades zu werden.

dieſes Mittel dir zu heroiſch: ſo ſuche fuͤr deine
Thraͤnen ein Auge das ſie nachahmt und eine Stim¬
me, die dich fraget, warum du ſo biſt. Und denke
nach: der Wiederhall des zweiten Lebens, die Stim¬
me unſerer beſcheidnen, ſchoͤnern, froͤmmern Seele
wird nur in einem vom Kummer verdunkelten Bu¬
ſen laut, wie die Nachtigallen ſchlagen, wenn man
ihren Kaͤfich uͤberhuͤllt.

Oft betruͤbte ſich Sebaſtian daruͤber, daß er hier
ſo wenig ſeine edlern Kraͤfte fuͤr die Menſchheit an¬
ſpannen koͤnne, daß ſeine Traͤume, durch den Fuͤrſten
Uebel zu verhuͤten, Gutes auszurichten, Fiebertraͤume
blieben, weil ſogar die beſten Maͤnner am Ruder des
Staats z. B. Aemter durchaus nur nach Konnexio¬
nen und Empfehlungen beſetzten und fremde und ei¬
gne Aemter nie fuͤr Pflichten, ſondern fuͤr Berg¬
werkskuxen hielten — — er betruͤbte ſich uͤber ſeine
Unnuͤtzlichkeit; aber er troͤſtetete ſich mit ihrer Noth¬
wendigkeit: »in einem Jahr, wenn mein Vater
»koͤmmt, ſag' ich mich loß und richte mich zu et¬
was beſſerem auf« und ſein Gewiſſen ſetzte dazu,
daß ſeine perſoͤnliche Unnuͤtzlichkeit der Tugend ſeines
Vaters diene und daß es beſſer ſey, in einem Rade,
bei der Tuͤchtigkeit zu einem Perpendikel, ein Zahn
zu ſeyn, ohne den das Gehwerk ſtocken wuͤrde, als
der Perpendikel des ungezaͤhnten Rades zu werden.

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[173/0183] dieſes Mittel dir zu heroiſch: ſo ſuche fuͤr deine Thraͤnen ein Auge das ſie nachahmt und eine Stim¬ me, die dich fraget, warum du ſo biſt. Und denke nach: der Wiederhall des zweiten Lebens, die Stim¬ me unſerer beſcheidnen, ſchoͤnern, froͤmmern Seele wird nur in einem vom Kummer verdunkelten Bu¬ ſen laut, wie die Nachtigallen ſchlagen, wenn man ihren Kaͤfich uͤberhuͤllt. Oft betruͤbte ſich Sebaſtian daruͤber, daß er hier ſo wenig ſeine edlern Kraͤfte fuͤr die Menſchheit an¬ ſpannen koͤnne, daß ſeine Traͤume, durch den Fuͤrſten Uebel zu verhuͤten, Gutes auszurichten, Fiebertraͤume blieben, weil ſogar die beſten Maͤnner am Ruder des Staats z. B. Aemter durchaus nur nach Konnexio¬ nen und Empfehlungen beſetzten und fremde und ei¬ gne Aemter nie fuͤr Pflichten, ſondern fuͤr Berg¬ werkskuxen hielten — — er betruͤbte ſich uͤber ſeine Unnuͤtzlichkeit; aber er troͤſtetete ſich mit ihrer Noth¬ wendigkeit: »in einem Jahr, wenn mein Vater »koͤmmt, ſag' ich mich loß und richte mich zu et¬ was beſſerem auf« und ſein Gewiſſen ſetzte dazu, daß ſeine perſoͤnliche Unnuͤtzlichkeit der Tugend ſeines Vaters diene und daß es beſſer ſey, in einem Rade, bei der Tuͤchtigkeit zu einem Perpendikel, ein Zahn zu ſeyn, ohne den das Gehwerk ſtocken wuͤrde, als der Perpendikel des ungezaͤhnten Rades zu werden.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/183>, abgerufen am 21.11.2024.