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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795.

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Kammerherrn immer leserlicher -- er las es wöchent¬
lich etlichemal durch, um recht zu lesen -- seine Em¬
pfehlungen waren jetzt Uriasbriefe -- er konnte kei¬
nem Schooshunde eine Stelle mehr verschaffen, näm¬
lich einen Schoos -- als er nun gar durch den Lord
die Charge eines Obrist-Kammerherrn bekam, hielt
er es für hohe Zeit, gegen sein Gonagra das Bad
auf seinem Rittergut St. Lüne Jahr aus Jahr ein
zu brauchen und zog ab, nachdem er vorher dem
ganzen Hof versprechen müssen, bald genesen zurück¬
zukommen.

Die einzige Stelle, die er am Hofe noch vergab
war die Pfarre in St. Lüne, als Patronatsherr. Er
fand damit den Ratzen-Kontradiktor Eymann ab,
der ihm in London die mündliche Vokation zur Hof¬
kaplanei abgebettelt hatte und der sie nicht kriegen
konnte. Daher nennen ihn die Hundsposttage
immer Hofkaplan, ob er gleich in der That nur ein
Landpastor ist.

Den Augenblick ist diese antediluvianische Ge¬
schichte aus.

Eymann war also in London und machte seiner
jetzigen Frau, auf dem Landgute des Lords ein Prä¬
sent mit dem Hals- und Brustgehenk seines hekti¬
schen Herzens-Globus. Die Lady liebte in der Hof¬
kaplanin ihre Mitschwester und ließ den Sohn der¬
selben Flamin, aus Patriotismus für Mutter und

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Kammerherrn immer leſerlicher — er las es woͤchent¬
lich etlichemal durch, um recht zu leſen — ſeine Em¬
pfehlungen waren jetzt Uriasbriefe — er konnte kei¬
nem Schooshunde eine Stelle mehr verſchaffen, naͤm¬
lich einen Schoos — als er nun gar durch den Lord
die Charge eines Obriſt-Kammerherrn bekam, hielt
er es fuͤr hohe Zeit, gegen ſein Gonagra das Bad
auf ſeinem Rittergut St. Luͤne Jahr aus Jahr ein
zu brauchen und zog ab, nachdem er vorher dem
ganzen Hof verſprechen muͤſſen, bald geneſen zuruͤck¬
zukommen.

Die einzige Stelle, die er am Hofe noch vergab
war die Pfarre in St. Luͤne, als Patronatsherr. Er
fand damit den Ratzen-Kontradiktor Eymann ab,
der ihm in London die muͤndliche Vokation zur Hof¬
kaplanei abgebettelt hatte und der ſie nicht kriegen
konnte. Daher nennen ihn die Hundspoſttage
immer Hofkaplan, ob er gleich in der That nur ein
Landpaſtor iſt.

Den Augenblick iſt dieſe antediluvianiſche Ge¬
ſchichte aus.

Eymann war alſo in London und machte ſeiner
jetzigen Frau, auf dem Landgute des Lords ein Praͤ¬
ſent mit dem Hals- und Bruſtgehenk ſeines hekti¬
ſchen Herzens-Globus. Die Lady liebte in der Hof¬
kaplanin ihre Mitſchweſter und ließ den Sohn der¬
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[51/0062] Kammerherrn immer leſerlicher — er las es woͤchent¬ lich etlichemal durch, um recht zu leſen — ſeine Em¬ pfehlungen waren jetzt Uriasbriefe — er konnte kei¬ nem Schooshunde eine Stelle mehr verſchaffen, naͤm¬ lich einen Schoos — als er nun gar durch den Lord die Charge eines Obriſt-Kammerherrn bekam, hielt er es fuͤr hohe Zeit, gegen ſein Gonagra das Bad auf ſeinem Rittergut St. Luͤne Jahr aus Jahr ein zu brauchen und zog ab, nachdem er vorher dem ganzen Hof verſprechen muͤſſen, bald geneſen zuruͤck¬ zukommen. Die einzige Stelle, die er am Hofe noch vergab war die Pfarre in St. Luͤne, als Patronatsherr. Er fand damit den Ratzen-Kontradiktor Eymann ab, der ihm in London die muͤndliche Vokation zur Hof¬ kaplanei abgebettelt hatte und der ſie nicht kriegen konnte. Daher nennen ihn die Hundspoſttage immer Hofkaplan, ob er gleich in der That nur ein Landpaſtor iſt. Den Augenblick iſt dieſe antediluvianiſche Ge¬ ſchichte aus. Eymann war alſo in London und machte ſeiner jetzigen Frau, auf dem Landgute des Lords ein Praͤ¬ ſent mit dem Hals- und Bruſtgehenk ſeines hekti¬ ſchen Herzens-Globus. Die Lady liebte in der Hof¬ kaplanin ihre Mitſchweſter und ließ den Sohn der¬ ſelben Flamin, aus Patriotismus fuͤr Mutter und D 2

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Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/62>, abgerufen am 19.05.2024.