tem mit einem Froschschnepper auf den Teich zuge¬ hen sah, mußt' ich mich, weil er von Ferne im Vorbeigehen meine Augen sehen konnte, schlafend stellen, um sie nicht zu verrathen. -- -- Aber vor meinem theuersten Lehrer würd' ich sie geöfnet ha¬ ben, wie jetzt, weil er mir meine Schwächen vergiebt. etc.
Clotilde v. L. B.
Viktor hatte den linken Arm womit er den Brief hielt, zu nahe ans Herz gelegt; und sein Arm und Brief fingen mit dem pochenden Herzen zu zittern an und er konnte ihn kaum vor Rührung lesen und fassen. "Ein solcher Lehrer! -- eine solche Schüle¬ rin!" weiter konnten seine Blicke nichts sagen.
Es war in ihm ein Streit, ob er seinem Freund die Liebe für Klotilden sagen sollte. Für das Ge¬ ständniß war Emanuels Bitte, mit ihr umzugehen -- sein gleichsam aus Fixsternen alle Kleinigkeiten der Erde beschauendes Auge -- Viktors dankbare Begierde, ein Geheimniß mit dem andern zu ver¬ gelten -- und am meisten, o! diese Liebe zu seinem Lehrer, diese Liebe seines Lehrers zu ihm. . . .
-- Und diese siegte auch, so viel auch sonst da¬ gegen war. Denn wenn Viktors ganze edle Natur im Feuer der Freundschaft glühte: so stieg sein Herz
tem mit einem Froſchſchnepper auf den Teich zuge¬ hen ſah, mußt' ich mich, weil er von Ferne im Vorbeigehen meine Augen ſehen konnte, ſchlafend ſtellen, um ſie nicht zu verrathen. — — Aber vor meinem theuerſten Lehrer wuͤrd' ich ſie geoͤfnet ha¬ ben, wie jetzt, weil er mir meine Schwaͤchen vergiebt. ꝛc.
Clotilde v. L. B.
Viktor hatte den linken Arm womit er den Brief hielt, zu nahe ans Herz gelegt; und ſein Arm und Brief fingen mit dem pochenden Herzen zu zittern an und er konnte ihn kaum vor Ruͤhrung leſen und faſſen. »Ein ſolcher Lehrer! — eine ſolche Schuͤle¬ rin!« weiter konnten ſeine Blicke nichts ſagen.
Es war in ihm ein Streit, ob er ſeinem Freund die Liebe fuͤr Klotilden ſagen ſollte. Fuͤr das Ge¬ ſtaͤndniß war Emanuels Bitte, mit ihr umzugehen — ſein gleichſam aus Fixſternen alle Kleinigkeiten der Erde beſchauendes Auge — Viktors dankbare Begierde, ein Geheimniß mit dem andern zu ver¬ gelten — und am meiſten, o! dieſe Liebe zu ſeinem Lehrer, dieſe Liebe ſeines Lehrers zu ihm. . . .
— Und dieſe ſiegte auch, ſo viel auch ſonſt da¬ gegen war. Denn wenn Viktors ganze edle Natur im Feuer der Freundſchaft gluͤhte: ſo ſtieg ſein Herz
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0353"n="342"/>
tem mit einem Froſchſchnepper auf den Teich zuge¬<lb/>
hen ſah, mußt' ich mich, weil er von Ferne im<lb/>
Vorbeigehen meine Augen ſehen konnte, ſchlafend<lb/>ſtellen, um ſie nicht zu verrathen. —— Aber vor<lb/>
meinem theuerſten Lehrer wuͤrd' ich ſie geoͤfnet ha¬<lb/>
ben, wie jetzt, weil er mir meine Schwaͤchen<lb/>
vergiebt. ꝛc.</p><lb/><prendition="#right">Clotilde v. L. B.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Viktor hatte den linken Arm womit er den Brief<lb/>
hielt, zu nahe ans Herz gelegt; und ſein Arm und<lb/>
Brief fingen mit dem pochenden Herzen zu zittern<lb/>
an und er konnte ihn kaum vor Ruͤhrung leſen und<lb/>
faſſen. »Ein ſolcher Lehrer! — eine ſolche Schuͤle¬<lb/>
rin!« weiter konnten ſeine Blicke nichts ſagen.</p><lb/><p>Es war in ihm ein Streit, ob er ſeinem Freund<lb/>
die Liebe fuͤr Klotilden ſagen ſollte. <hirendition="#g">Fuͤr</hi> das Ge¬<lb/>ſtaͤndniß war Emanuels Bitte, mit ihr umzugehen<lb/>—ſein gleichſam aus Fixſternen alle Kleinigkeiten<lb/>
der Erde beſchauendes Auge — Viktors dankbare<lb/>
Begierde, ein Geheimniß mit dem andern zu ver¬<lb/>
gelten — und am meiſten, o! dieſe Liebe zu ſeinem<lb/>
Lehrer, dieſe Liebe ſeines Lehrers zu ihm. . . .</p><lb/><p>— Und dieſe ſiegte auch, ſo viel auch ſonſt <hirendition="#g">da¬<lb/>
gegen</hi> war. Denn wenn Viktors ganze edle Natur<lb/>
im Feuer der Freundſchaft gluͤhte: ſo ſtieg ſein Herz<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[342/0353]
tem mit einem Froſchſchnepper auf den Teich zuge¬
hen ſah, mußt' ich mich, weil er von Ferne im
Vorbeigehen meine Augen ſehen konnte, ſchlafend
ſtellen, um ſie nicht zu verrathen. — — Aber vor
meinem theuerſten Lehrer wuͤrd' ich ſie geoͤfnet ha¬
ben, wie jetzt, weil er mir meine Schwaͤchen
vergiebt. ꝛc.
Clotilde v. L. B.
Viktor hatte den linken Arm womit er den Brief
hielt, zu nahe ans Herz gelegt; und ſein Arm und
Brief fingen mit dem pochenden Herzen zu zittern
an und er konnte ihn kaum vor Ruͤhrung leſen und
faſſen. »Ein ſolcher Lehrer! — eine ſolche Schuͤle¬
rin!« weiter konnten ſeine Blicke nichts ſagen.
Es war in ihm ein Streit, ob er ſeinem Freund
die Liebe fuͤr Klotilden ſagen ſollte. Fuͤr das Ge¬
ſtaͤndniß war Emanuels Bitte, mit ihr umzugehen
— ſein gleichſam aus Fixſternen alle Kleinigkeiten
der Erde beſchauendes Auge — Viktors dankbare
Begierde, ein Geheimniß mit dem andern zu ver¬
gelten — und am meiſten, o! dieſe Liebe zu ſeinem
Lehrer, dieſe Liebe ſeines Lehrers zu ihm. . . .
— Und dieſe ſiegte auch, ſo viel auch ſonſt da¬
gegen war. Denn wenn Viktors ganze edle Natur
im Feuer der Freundſchaft gluͤhte: ſo ſtieg ſein Herz
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/353>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.