Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

setzt, als eine mit Musik begleitete Vorlesung von
etwas, das gerade anpaßt!" --

Raphaela sagte, sie nehme freilich ein Dop¬
pelgeschenk von Musik und Deklamazion dankend
an. Vult faßte einen nahen Musenalmanach, --
blätterte -- sagte, er müsse klagen, daß in allen
Musenkalendern leider der Ernst zu hart mit dem
Spaß rangiere, wie in J. P. .s Werken, wolle
aber Hoffnung geben, daß er vielleicht durch Töne
zu diesen Mißtönen Leittöne herbeischaffe -- und
reichte Walten eine Elegie, mit der Bitte, sie vor¬
zulesen und darauf unbekümmert die satirische
Epistel und dann das Trinklied.

Da dieser erfreuet war, daß er seinem Feuer
eine Sprache, obwohl eine nachsprechende, geben
durfte: so verlas er so, heiß, laut, und taub
das sehr rührende Gedicht, daß er gar anfangs
nicht vernahm, mit welchen närrischen Tak¬
ten, Ballet-Passaden, sogar mit einem Wach¬
telruf ihn der Bruder flötend sekundirte. Erst als
er die satirische Epistel vorlas, hörte er in der
Kälte einigen Wider-Ton, daß nämlich Vult
dem Witze mit Lagrimosi's Passagen und eini¬

ſetzt, als eine mit Muſik begleitete Vorleſung von
etwas, das gerade anpaßt!“ —

Raphaela ſagte, ſie nehme freilich ein Dop¬
pelgeſchenk von Muſik und Deklamazion dankend
an. Vult faßte einen nahen Muſenalmanach, —
blaͤtterte — ſagte, er muͤſſe klagen, daß in allen
Muſenkalendern leider der Ernſt zu hart mit dem
Spaß rangiere, wie in J. P. .s Werken, wolle
aber Hoffnung geben, daß er vielleicht durch Toͤne
zu dieſen Mißtoͤnen Leittoͤne herbeiſchaffe — und
reichte Walten eine Elegie, mit der Bitte, ſie vor¬
zuleſen und darauf unbekuͤmmert die ſatiriſche
Epiſtel und dann das Trinklied.

Da dieſer erfreuet war, daß er ſeinem Feuer
eine Sprache, obwohl eine nachſprechende, geben
durfte: ſo verlas er ſo, heiß, laut, und taub
das ſehr ruͤhrende Gedicht, daß er gar anfangs
nicht vernahm, mit welchen naͤrriſchen Tak¬
ten, Ballet-Paſſaden, ſogar mit einem Wach¬
telruf ihn der Bruder floͤtend ſekundirte. Erſt als
er die ſatiriſche Epiſtel vorlas, hoͤrte er in der
Kaͤlte einigen Wider-Ton, daß naͤmlich Vult
dem Witze mit Lagrimosi's Paſſagen und eini¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0083" n="77"/>
&#x017F;etzt, als eine mit Mu&#x017F;ik begleitete Vorle&#x017F;ung von<lb/>
etwas, das gerade anpaßt!&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
        <p>Raphaela &#x017F;agte, &#x017F;ie nehme freilich ein Dop¬<lb/>
pelge&#x017F;chenk von Mu&#x017F;ik und Deklamazion dankend<lb/>
an. Vult faßte einen nahen Mu&#x017F;enalmanach, &#x2014;<lb/>
bla&#x0364;tterte &#x2014; &#x017F;agte, er mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e klagen, daß in allen<lb/>
Mu&#x017F;enkalendern leider der Ern&#x017F;t zu hart mit dem<lb/>
Spaß rangiere, wie in J. P. .s Werken, wolle<lb/>
aber Hoffnung geben, daß er vielleicht durch To&#x0364;ne<lb/>
zu die&#x017F;en Mißto&#x0364;nen Leitto&#x0364;ne herbei&#x017F;chaffe &#x2014; und<lb/>
reichte Walten eine Elegie, mit der Bitte, &#x017F;ie vor¬<lb/>
zule&#x017F;en und darauf unbeku&#x0364;mmert die &#x017F;atiri&#x017F;che<lb/>
Epi&#x017F;tel und dann das Trinklied.</p><lb/>
        <p>Da die&#x017F;er erfreuet war, daß er &#x017F;einem Feuer<lb/>
eine Sprache, obwohl eine nach&#x017F;prechende, geben<lb/>
durfte: &#x017F;o verlas er &#x017F;o, heiß, laut, und taub<lb/>
das &#x017F;ehr ru&#x0364;hrende Gedicht, daß er gar anfangs<lb/>
nicht vernahm, mit welchen na&#x0364;rri&#x017F;chen  <formula notation="TeX">\frac{6}{8}</formula> Tak¬<lb/>
ten, Ballet-Pa&#x017F;&#x017F;aden, &#x017F;ogar mit einem Wach¬<lb/>
telruf ihn der Bruder flo&#x0364;tend &#x017F;ekundirte. Er&#x017F;t als<lb/>
er die &#x017F;atiri&#x017F;che Epi&#x017F;tel vorlas, ho&#x0364;rte er in der<lb/>
Ka&#x0364;lte einigen Wider-Ton, daß na&#x0364;mlich Vult<lb/>
dem Witze mit <hi rendition="#aq">Lagrimosi's</hi> Pa&#x017F;&#x017F;agen und eini¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0083] ſetzt, als eine mit Muſik begleitete Vorleſung von etwas, das gerade anpaßt!“ — Raphaela ſagte, ſie nehme freilich ein Dop¬ pelgeſchenk von Muſik und Deklamazion dankend an. Vult faßte einen nahen Muſenalmanach, — blaͤtterte — ſagte, er muͤſſe klagen, daß in allen Muſenkalendern leider der Ernſt zu hart mit dem Spaß rangiere, wie in J. P. .s Werken, wolle aber Hoffnung geben, daß er vielleicht durch Toͤne zu dieſen Mißtoͤnen Leittoͤne herbeiſchaffe — und reichte Walten eine Elegie, mit der Bitte, ſie vor¬ zuleſen und darauf unbekuͤmmert die ſatiriſche Epiſtel und dann das Trinklied. Da dieſer erfreuet war, daß er ſeinem Feuer eine Sprache, obwohl eine nachſprechende, geben durfte: ſo verlas er ſo, heiß, laut, und taub das ſehr ruͤhrende Gedicht, daß er gar anfangs nicht vernahm, mit welchen naͤrriſchen [FORMEL] Tak¬ ten, Ballet-Paſſaden, ſogar mit einem Wach¬ telruf ihn der Bruder floͤtend ſekundirte. Erſt als er die ſatiriſche Epiſtel vorlas, hoͤrte er in der Kaͤlte einigen Wider-Ton, daß naͤmlich Vult dem Witze mit Lagrimosi's Paſſagen und eini¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/83
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/83>, abgerufen am 23.11.2024.