Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

aber Gottwalt -- sie gab der Freundin eine ganze
Freundin. Sie sagte zu Gottwalt, der nicht spre¬
chen konnte: wir sehen uns Abends wieder, am
Montage? -- Bei Gott, antwortete er, ohne
das Mittel zu kennen. Jetzt trat Vult hinzu,
und empfing von Raphaela lauten Dank, und
er verließ schweigend mit Walt den seltsamen
Garten.

Oben hieng sich dieser warm an seinen Hals.
Vult nahm es für Freuden-Lohn seiner Bemü¬
hung um Raphaelens Morgenfest, und drückt'
ihn einmal an die Brust: "Laß' mich reden,
Bruder," begann Walt. "O laß mich schlafen,
Walt, versetzte er -- nur Schlaf her, aber rech¬
ten tiefen, dunkeln; wo man von Finsterniß in
Finsterniß fällt. O Bruder, was ist recht derber
Schlaf nicht für ein köstlicher weiter Landsee für
beidlebige Thiere, z. B. einen Aal, der matt vom
schwülen Lande kommt, und der nun im Kühlen,
Dunkeln, Weiten, schwanken und schweben kann!
-- Oder leugnest du so etwas, und mehr?" --
"Nun, so gebe dir Gott doch Träume, und die

aber Gottwalt — ſie gab der Freundin eine ganze
Freundin. Sie ſagte zu Gottwalt, der nicht ſpre¬
chen konnte: wir ſehen uns Abends wieder, am
Montage? — Bei Gott, antwortete er, ohne
das Mittel zu kennen. Jetzt trat Vult hinzu,
und empfing von Raphaela lauten Dank, und
er verließ ſchweigend mit Walt den ſeltſamen
Garten.

Oben hieng ſich dieſer warm an ſeinen Hals.
Vult nahm es fuͤr Freuden-Lohn ſeiner Bemuͤ¬
hung um Raphaelens Morgenfeſt, und druͤckt'
ihn einmal an die Bruſt: „Laß' mich reden,
Bruder,“ begann Walt. „O laß mich ſchlafen,
Walt, verſetzte er — nur Schlaf her, aber rech¬
ten tiefen, dunkeln; wo man von Finſterniß in
Finſterniß faͤllt. O Bruder, was iſt recht derber
Schlaf nicht fuͤr ein koͤſtlicher weiter Landſee fuͤr
beidlebige Thiere, z. B. einen Aal, der matt vom
ſchwuͤlen Lande kommt, und der nun im Kuͤhlen,
Dunkeln, Weiten, ſchwanken und ſchweben kann!
— Oder leugneſt du ſo etwas, und mehr?“ —
„Nun, ſo gebe dir Gott doch Traͤume, und die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0265" n="259"/>
aber Gottwalt &#x2014; &#x017F;ie gab der Freundin eine ganze<lb/>
Freundin. Sie &#x017F;agte zu Gottwalt, der nicht &#x017F;pre¬<lb/>
chen konnte: wir &#x017F;ehen uns Abends wieder, am<lb/>
Montage? &#x2014; Bei Gott, antwortete er, ohne<lb/>
das Mittel zu kennen. Jetzt trat Vult hinzu,<lb/>
und empfing von Raphaela lauten Dank, und<lb/>
er verließ &#x017F;chweigend mit Walt den &#x017F;elt&#x017F;amen<lb/>
Garten.</p><lb/>
        <p>Oben hieng &#x017F;ich die&#x017F;er warm an &#x017F;einen Hals.<lb/>
Vult nahm es fu&#x0364;r Freuden-Lohn &#x017F;einer Bemu&#x0364;¬<lb/>
hung um Raphaelens Morgenfe&#x017F;t, und dru&#x0364;ckt'<lb/>
ihn einmal an die Bru&#x017F;t: &#x201E;Laß' mich reden,<lb/>
Bruder,&#x201C; begann Walt. &#x201E;O laß mich &#x017F;chlafen,<lb/>
Walt, ver&#x017F;etzte er &#x2014; nur Schlaf her, aber rech¬<lb/>
ten tiefen, dunkeln; wo man von Fin&#x017F;terniß in<lb/>
Fin&#x017F;terniß fa&#x0364;llt. O Bruder, was i&#x017F;t recht derber<lb/>
Schlaf nicht fu&#x0364;r ein ko&#x0364;&#x017F;tlicher weiter Land&#x017F;ee fu&#x0364;r<lb/>
beidlebige Thiere, z. B. einen Aal, der matt vom<lb/>
&#x017F;chwu&#x0364;len Lande kommt, und der nun im Ku&#x0364;hlen,<lb/>
Dunkeln, Weiten, &#x017F;chwanken und &#x017F;chweben kann!<lb/>
&#x2014; Oder leugne&#x017F;t du &#x017F;o etwas, und mehr?&#x201C; &#x2014;<lb/>
&#x201E;Nun, &#x017F;o gebe dir Gott doch Tra&#x0364;ume, und die<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[259/0265] aber Gottwalt — ſie gab der Freundin eine ganze Freundin. Sie ſagte zu Gottwalt, der nicht ſpre¬ chen konnte: wir ſehen uns Abends wieder, am Montage? — Bei Gott, antwortete er, ohne das Mittel zu kennen. Jetzt trat Vult hinzu, und empfing von Raphaela lauten Dank, und er verließ ſchweigend mit Walt den ſeltſamen Garten. Oben hieng ſich dieſer warm an ſeinen Hals. Vult nahm es fuͤr Freuden-Lohn ſeiner Bemuͤ¬ hung um Raphaelens Morgenfeſt, und druͤckt' ihn einmal an die Bruſt: „Laß' mich reden, Bruder,“ begann Walt. „O laß mich ſchlafen, Walt, verſetzte er — nur Schlaf her, aber rech¬ ten tiefen, dunkeln; wo man von Finſterniß in Finſterniß faͤllt. O Bruder, was iſt recht derber Schlaf nicht fuͤr ein koͤſtlicher weiter Landſee fuͤr beidlebige Thiere, z. B. einen Aal, der matt vom ſchwuͤlen Lande kommt, und der nun im Kuͤhlen, Dunkeln, Weiten, ſchwanken und ſchweben kann! — Oder leugneſt du ſo etwas, und mehr?“ — „Nun, ſo gebe dir Gott doch Traͤume, und die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/265
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/265>, abgerufen am 16.05.2024.