und der andere den Bräutigam. Aber ich zog -- und noch jetzt -- meinen guten Embritz vor."
"Deutlicher in der ornithologischen Sprache Emmerling, Goldammer, Gröning, Gelbling, Geelgerst, Emberiza citrinella L. -- welcher, wie die Eltern sagten, sang: wenn ich eine Sichel hätt', wollt ich mit schnied. -- Was ist denn das Dunkle im Menschen-Innern, daß ich wirklich den einfachen Embritz, wenn ich durch Wiesen gehe und ihn an belaubten Abhängen höre, leider über die göttliche Nachtigall, die freilich wenig rein durchführt, sondern heftig springt, zu setzen suche? -- Floß aber nicht nachher die Abendröthe in den ganzen Garten hinein und färbte alle Zweige? Kam sie mir nicht wie ein goldner Son¬ nentempel mit vielen Thürmen und Pfeilern vor? Und gingen nicht auf den Wolkenbergen die Stern¬ chen wie Maienblümchen auf? -- und die breite Erde war ein Webstuhl rosenrother Träume? Und als wir spät nach Hause wandelten, hingen nicht in den finstern Büschen goldne Thautropfen, die lieben Johannis-Würmchen? Und fanden wir nicht im Dorfe ein ganz besonderes Fest-Leben,
und der andere den Braͤutigam. Aber ich zog — und noch jetzt — meinen guten Embritz vor.“
„Deutlicher in der ornithologiſchen Sprache Emmerling, Goldammer, Groͤning, Gelbling, Geelgerſt, Emberiza citrinella L. — welcher, wie die Eltern ſagten, ſang: wenn ich eine Sichel haͤtt', wollt ich mit ſchnied. — Was iſt denn das Dunkle im Menſchen-Innern, daß ich wirklich den einfachen Embritz, wenn ich durch Wieſen gehe und ihn an belaubten Abhaͤngen hoͤre, leider uͤber die goͤttliche Nachtigall, die freilich wenig rein durchfuͤhrt, ſondern heftig ſpringt, zu ſetzen ſuche? — Floß aber nicht nachher die Abendroͤthe in den ganzen Garten hinein und faͤrbte alle Zweige? Kam ſie mir nicht wie ein goldner Son¬ nentempel mit vielen Thuͤrmen und Pfeilern vor? Und gingen nicht auf den Wolkenbergen die Stern¬ chen wie Maienbluͤmchen auf? — und die breite Erde war ein Webſtuhl roſenrother Traͤume? Und als wir ſpaͤt nach Hauſe wandelten, hingen nicht in den finſtern Buͤſchen goldne Thautropfen, die lieben Johannis-Wuͤrmchen? Und fanden wir nicht im Dorfe ein ganz beſonderes Feſt-Leben,
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und der andere den Braͤutigam. Aber ich zog —
und noch jetzt — meinen guten Embritz vor.“
„Deutlicher in der ornithologiſchen Sprache
Emmerling, Goldammer, Groͤning, Gelbling,
Geelgerſt, Emberiza citrinella L. — welcher,
wie die Eltern ſagten, ſang: wenn ich eine Sichel
haͤtt', wollt ich mit ſchnied. — Was iſt denn das
Dunkle im Menſchen-Innern, daß ich wirklich
den einfachen Embritz, wenn ich durch Wieſen
gehe und ihn an belaubten Abhaͤngen hoͤre, leider
uͤber die goͤttliche Nachtigall, die freilich wenig
rein durchfuͤhrt, ſondern heftig ſpringt, zu ſetzen
ſuche? — Floß aber nicht nachher die Abendroͤthe
in den ganzen Garten hinein und faͤrbte alle
Zweige? Kam ſie mir nicht wie ein goldner Son¬
nentempel mit vielen Thuͤrmen und Pfeilern vor?
Und gingen nicht auf den Wolkenbergen die Stern¬
chen wie Maienbluͤmchen auf? — und die breite
Erde war ein Webſtuhl roſenrother Traͤume? Und
als wir ſpaͤt nach Hauſe wandelten, hingen nicht
in den finſtern Buͤſchen goldne Thautropfen, die
lieben Johannis-Wuͤrmchen? Und fanden wir
nicht im Dorfe ein ganz beſonderes Feſt-Leben,
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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/197>, abgerufen am 23.11.2024.
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