Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.rechte Altartüchlein bei der Oblate unter den Kom¬ "Die Tochter soll ihr so ähnlich sehen, Walt?" "Die Mutter wenigstens ist ihr sehr ähnlich. rechte Altartuͤchlein bei der Oblate unter den Kom¬ „Die Tochter ſoll ihr ſo aͤhnlich ſehen, Walt?“ „Die Mutter wenigſtens iſt ihr ſehr aͤhnlich. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0191" n="183[185]"/> rechte Altartuͤchlein bei der Oblate unter den Kom¬<lb/> munikanten auf und ich das linke beim Kelch. Es<lb/> ſoll nie von mir vergeſſen werden, wie demuͤ¬<lb/> thig und ruͤhrend mir unſer blaſſer Vater auf ſei¬<lb/> nen Knieen an der ſcharlachenen Altarſtufe vor¬<lb/> kam, indeß der Pfarrer ihm ſehr ſchreiend den<lb/> goldnen Kelch vorhielt. Ach wie wuͤnſcht' ich, daß<lb/> er ſtark traͤnke vom h. Weine und Blut. Und<lb/> dann die tief geneigte Mutter! Wie war ich ihr<lb/> unter dem Trinken ſo rein-gut! Die Kindheit kennt<lb/> nur unſchuldige <hi rendition="#g">weiße</hi> Roſen der Liebe, ſpaͤter<lb/> bluͤhen ſie roͤther, und voll Schamroͤthe. Vorher<lb/> aber trat die majeſtaͤtiſche lange Generalin in ih¬<lb/> rem ſchwarzen und doch glaͤnzenden Seidengewand<lb/> an die Altarſtufe, ſich und die langen Augenwim¬<lb/> pern ſenkend wie vor einem Gott, und die ganze<lb/> Kirche klang mit ihren Toͤnen drein in die andaͤch¬<lb/> tige Gegenwart dieſer idealen Herzogin fuͤr uns<lb/> alle im Dorf.“</p><lb/> <p>„Die Tochter ſoll ihr ſo aͤhnlich ſehen, Walt?“</p><lb/> <p>„Die Mutter wenigſtens iſt ihr ſehr aͤhnlich.<lb/> Darauf zog man denn aus der Kirche, jeder mit<lb/> emporgehobnem Herzen — die Orgel ſpielte in ſehr<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [183[185]/0191]
rechte Altartuͤchlein bei der Oblate unter den Kom¬
munikanten auf und ich das linke beim Kelch. Es
ſoll nie von mir vergeſſen werden, wie demuͤ¬
thig und ruͤhrend mir unſer blaſſer Vater auf ſei¬
nen Knieen an der ſcharlachenen Altarſtufe vor¬
kam, indeß der Pfarrer ihm ſehr ſchreiend den
goldnen Kelch vorhielt. Ach wie wuͤnſcht' ich, daß
er ſtark traͤnke vom h. Weine und Blut. Und
dann die tief geneigte Mutter! Wie war ich ihr
unter dem Trinken ſo rein-gut! Die Kindheit kennt
nur unſchuldige weiße Roſen der Liebe, ſpaͤter
bluͤhen ſie roͤther, und voll Schamroͤthe. Vorher
aber trat die majeſtaͤtiſche lange Generalin in ih¬
rem ſchwarzen und doch glaͤnzenden Seidengewand
an die Altarſtufe, ſich und die langen Augenwim¬
pern ſenkend wie vor einem Gott, und die ganze
Kirche klang mit ihren Toͤnen drein in die andaͤch¬
tige Gegenwart dieſer idealen Herzogin fuͤr uns
alle im Dorf.“
„Die Tochter ſoll ihr ſo aͤhnlich ſehen, Walt?“
„Die Mutter wenigſtens iſt ihr ſehr aͤhnlich.
Darauf zog man denn aus der Kirche, jeder mit
emporgehobnem Herzen — die Orgel ſpielte in ſehr
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