Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

Vult! -- O so sollte man doch nie das Beneh¬
men eines Menschen gegen uns, und wär' es
noch so frostig, zum Maaße seines Werthes ma¬
chen! Wie viel reiche Seelen gehen uns durch
Stolz verloren! -- Ich sag' Ihm nachher al¬
les, Vult." -- -- "Der Kräzer aber -- ver¬
sezte Vult -- könnte etwas besser sein. -- Das
thu'! -- Ich halt' Ihn selber für keinen selbst¬
süchtigen Eisvogel und Frost-Zuleiter weiter. --
Er wuste zwar von deinem Gesichte und von
der schnellen Kur meiner stadtkündigen Erblin¬
dung nichts mehr; es mag aber mehr in seiner
Memorie liegen, und ohnehin darinn, daß ein
fremder Mensch ihm weniger sein muß als sein
eigner." Und hier vergoß er sich, ohne Ant¬
wort abzuwarten, in seine Flöte, seine zweite
Luftröhre, sein Feuerrohr und blies schon tref¬
lich, als der Graf kam.

Dieser hörte das Spiel aus, und sagte
nichts. Walt konnte nichts sagen; er hatte
den Mond, den Grafen, den Wein, die Flöte
und sich selber im Kopfe. Der Mond hatte die
mit Windmühlen besezten Höhen erstiegen, und

Vult! — O ſo ſollte man doch nie das Beneh¬
men eines Menſchen gegen uns, und waͤr' es
noch ſo froſtig, zum Maaße ſeines Werthes ma¬
chen! Wie viel reiche Seelen gehen uns durch
Stolz verloren! — Ich ſag' Ihm nachher al¬
les, Vult.“ — — „Der Kraͤzer aber — ver¬
ſezte Vult — koͤnnte etwas beſſer ſein. — Das
thu'! — Ich halt' Ihn ſelber fuͤr keinen ſelbſt¬
ſuͤchtigen Eisvogel und Froſt-Zuleiter weiter. —
Er wuſte zwar von deinem Geſichte und von
der ſchnellen Kur meiner ſtadtkuͤndigen Erblin¬
dung nichts mehr; es mag aber mehr in ſeiner
Memorie liegen, und ohnehin darinn, daß ein
fremder Menſch ihm weniger ſein muß als ſein
eigner.“ Und hier vergoß er ſich, ohne Ant¬
wort abzuwarten, in ſeine Floͤte, ſeine zweite
Luftroͤhre, ſein Feuerrohr und blies ſchon tref¬
lich, als der Graf kam.

Dieſer hoͤrte das Spiel aus, und ſagte
nichts. Walt konnte nichts ſagen; er hatte
den Mond, den Grafen, den Wein, die Floͤte
und ſich ſelber im Kopfe. Der Mond hatte die
mit Windmuͤhlen beſezten Hoͤhen erſtiegen, und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0220" n="212"/>
Vult! &#x2014; O &#x017F;o &#x017F;ollte man doch nie das Beneh¬<lb/>
men eines Men&#x017F;chen gegen uns, und wa&#x0364;r' es<lb/>
noch &#x017F;o fro&#x017F;tig, zum Maaße &#x017F;eines Werthes ma¬<lb/>
chen! Wie viel reiche Seelen gehen uns durch<lb/>
Stolz verloren! &#x2014; Ich &#x017F;ag' Ihm nachher al¬<lb/>
les, Vult.&#x201C; &#x2014; &#x2014; &#x201E;Der Kra&#x0364;zer aber &#x2014; ver¬<lb/>
&#x017F;ezte Vult &#x2014; ko&#x0364;nnte etwas be&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ein. &#x2014; Das<lb/>
thu'! &#x2014; Ich halt' Ihn &#x017F;elber fu&#x0364;r keinen &#x017F;elb&#x017F;<lb/>
&#x017F;u&#x0364;chtigen Eisvogel und Fro&#x017F;t-Zuleiter weiter. &#x2014;<lb/>
Er wu&#x017F;te zwar von deinem Ge&#x017F;ichte und von<lb/>
der &#x017F;chnellen Kur meiner &#x017F;tadtku&#x0364;ndigen Erblin¬<lb/>
dung nichts mehr; es mag aber mehr in &#x017F;einer<lb/>
Memorie liegen, und ohnehin darinn, daß ein<lb/>
fremder Men&#x017F;ch ihm weniger &#x017F;ein muß als &#x017F;ein<lb/>
eigner.&#x201C; Und hier vergoß er &#x017F;ich, ohne Ant¬<lb/>
wort abzuwarten, in &#x017F;eine Flo&#x0364;te, &#x017F;eine zweite<lb/>
Luftro&#x0364;hre, &#x017F;ein Feuerrohr und blies &#x017F;chon tref¬<lb/>
lich, als der Graf kam.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;er ho&#x0364;rte das Spiel aus, und &#x017F;agte<lb/>
nichts. Walt konnte nichts &#x017F;agen; er hatte<lb/>
den Mond, den Grafen, den Wein, die Flo&#x0364;te<lb/>
und &#x017F;ich &#x017F;elber im Kopfe. Der Mond hatte die<lb/>
mit Windmu&#x0364;hlen be&#x017F;ezten Ho&#x0364;hen er&#x017F;tiegen, und<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[212/0220] Vult! — O ſo ſollte man doch nie das Beneh¬ men eines Menſchen gegen uns, und waͤr' es noch ſo froſtig, zum Maaße ſeines Werthes ma¬ chen! Wie viel reiche Seelen gehen uns durch Stolz verloren! — Ich ſag' Ihm nachher al¬ les, Vult.“ — — „Der Kraͤzer aber — ver¬ ſezte Vult — koͤnnte etwas beſſer ſein. — Das thu'! — Ich halt' Ihn ſelber fuͤr keinen ſelbſt¬ ſuͤchtigen Eisvogel und Froſt-Zuleiter weiter. — Er wuſte zwar von deinem Geſichte und von der ſchnellen Kur meiner ſtadtkuͤndigen Erblin¬ dung nichts mehr; es mag aber mehr in ſeiner Memorie liegen, und ohnehin darinn, daß ein fremder Menſch ihm weniger ſein muß als ſein eigner.“ Und hier vergoß er ſich, ohne Ant¬ wort abzuwarten, in ſeine Floͤte, ſeine zweite Luftroͤhre, ſein Feuerrohr und blies ſchon tref¬ lich, als der Graf kam. Dieſer hoͤrte das Spiel aus, und ſagte nichts. Walt konnte nichts ſagen; er hatte den Mond, den Grafen, den Wein, die Floͤte und ſich ſelber im Kopfe. Der Mond hatte die mit Windmuͤhlen beſezten Hoͤhen erſtiegen, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/220
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/220>, abgerufen am 22.11.2024.