dung, nicht zu einem abgehauenen eckigen Staats- Gliede, sondern zu einem ganzen geformten Men¬ schen, welche ihnen Reisen, Höfe, gesellige Freu¬ den unter Gemälden, unter Tönen, und am meisten ihre noch mehr gebildeten, schönen Frau¬ en, deren Reize kein Gewicht der Noth und Ar¬ beit erdrückte, leicht und froh zuspielen, so daß im Staate der Adel die italienische Schule aus¬ macht, und das arme Volk die niederländi¬ sche." -- --
Der Flötenspieler hatte bisher öfters, wie¬ wohl mit verdächtiger Stimme geschworen, er ziehe nicht eine Miene zum Lachen -- betheu¬ ert, er wolle nicht Vult heissen, wenn er die Finsterniß benutze, und darinn still lächle -- wiederhohlt, er sei kein solcher Mann, der lache, sondern so ernst wie ein Todtenvogel. Izt aber lachte er hell, und sagte indeß so viel: Walt, um wieder einmal auf deinen Grafen zu kom¬ men -- scheere dich nichts um mein dummes Gelächter über etwas anders, ich bin doch ernst¬ haft -- den du sonach in Bildungs-Bezug für einen Raphael hältst und dich für einen Te¬
dung, nicht zu einem abgehauenen eckigen Staats- Gliede, ſondern zu einem ganzen geformten Men¬ ſchen, welche ihnen Reiſen, Hoͤfe, geſellige Freu¬ den unter Gemaͤlden, unter Toͤnen, und am meiſten ihre noch mehr gebildeten, ſchoͤnen Frau¬ en, deren Reize kein Gewicht der Noth und Ar¬ beit erdruͤckte, leicht und froh zuſpielen, ſo daß im Staate der Adel die italieniſche Schule aus¬ macht, und das arme Volk die niederlaͤndi¬ ſche.“ — —
Der Floͤtenſpieler hatte bisher oͤfters, wie¬ wohl mit verdaͤchtiger Stimme geſchworen, er ziehe nicht eine Miene zum Lachen — betheu¬ ert, er wolle nicht Vult heiſſen, wenn er die Finſterniß benutze, und darinn ſtill laͤchle — wiederhohlt, er ſei kein ſolcher Mann, der lache, ſondern ſo ernſt wie ein Todtenvogel. Izt aber lachte er hell, und ſagte indeß ſo viel: Walt, um wieder einmal auf deinen Grafen zu kom¬ men — ſcheere dich nichts um mein dummes Gelaͤchter uͤber etwas anders, ich bin doch ernſt¬ haft — den du ſonach in Bildungs-Bezug fuͤr einen Raphael haͤltſt und dich fuͤr einen Te¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0200"n="192"/>
dung, nicht zu einem abgehauenen eckigen Staats-<lb/>
Gliede, ſondern zu einem ganzen geformten Men¬<lb/>ſchen, welche ihnen Reiſen, Hoͤfe, geſellige Freu¬<lb/>
den unter Gemaͤlden, unter Toͤnen, und am<lb/>
meiſten ihre noch mehr gebildeten, ſchoͤnen Frau¬<lb/>
en, deren Reize kein Gewicht der Noth und Ar¬<lb/>
beit erdruͤckte, leicht und froh zuſpielen, ſo daß<lb/>
im Staate der Adel die italieniſche Schule aus¬<lb/>
macht, und das arme Volk die niederlaͤndi¬<lb/>ſche.“——</p><lb/><p>Der Floͤtenſpieler hatte bisher oͤfters, wie¬<lb/>
wohl mit verdaͤchtiger Stimme geſchworen, er<lb/>
ziehe nicht eine Miene zum Lachen — betheu¬<lb/>
ert, er wolle nicht Vult heiſſen, wenn er die<lb/>
Finſterniß benutze, und darinn ſtill laͤchle —<lb/>
wiederhohlt, er ſei kein ſolcher Mann, der lache,<lb/>ſondern ſo ernſt wie ein Todtenvogel. Izt aber<lb/>
lachte er hell, und ſagte indeß ſo viel: Walt,<lb/>
um wieder einmal auf deinen Grafen zu kom¬<lb/>
men —ſcheere dich nichts um mein dummes<lb/>
Gelaͤchter uͤber etwas anders, ich bin doch ernſt¬<lb/>
haft — den du ſonach in Bildungs-Bezug<lb/>
fuͤr einen Raphael haͤltſt und dich fuͤr einen Te¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[192/0200]
dung, nicht zu einem abgehauenen eckigen Staats-
Gliede, ſondern zu einem ganzen geformten Men¬
ſchen, welche ihnen Reiſen, Hoͤfe, geſellige Freu¬
den unter Gemaͤlden, unter Toͤnen, und am
meiſten ihre noch mehr gebildeten, ſchoͤnen Frau¬
en, deren Reize kein Gewicht der Noth und Ar¬
beit erdruͤckte, leicht und froh zuſpielen, ſo daß
im Staate der Adel die italieniſche Schule aus¬
macht, und das arme Volk die niederlaͤndi¬
ſche.“ — —
Der Floͤtenſpieler hatte bisher oͤfters, wie¬
wohl mit verdaͤchtiger Stimme geſchworen, er
ziehe nicht eine Miene zum Lachen — betheu¬
ert, er wolle nicht Vult heiſſen, wenn er die
Finſterniß benutze, und darinn ſtill laͤchle —
wiederhohlt, er ſei kein ſolcher Mann, der lache,
ſondern ſo ernſt wie ein Todtenvogel. Izt aber
lachte er hell, und ſagte indeß ſo viel: Walt,
um wieder einmal auf deinen Grafen zu kom¬
men — ſcheere dich nichts um mein dummes
Gelaͤchter uͤber etwas anders, ich bin doch ernſt¬
haft — den du ſonach in Bildungs-Bezug
fuͤr einen Raphael haͤltſt und dich fuͤr einen Te¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/200>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.