Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

Pferde für leidende Weiber zu thun gelobte, war
er zu Fuße zu leisten bereit, für jede und dann
für Wina noch unzähligemal so viel. Auf dem
Wege nach dem Wirtshaus begegneten ihm Neu¬
peters Töchter an Flittes Armen. "Vielleicht
wissen Sie es -- redete ihn Raphaela an, und
stimmte den Ton so schleunig um, daß man
das Hinaufstimmen vernahm -- da Sie beim
Generale schreiben und aus Elterlein her sind,
was meine unglückliche Wina macht, ob die
Theure noch dort ist?" -- Vor Schrecken konnt'
er kaum auf den Beinen, geschweige auf Vults
schlaffem Lügen-Seile stehen: "sie ist noch da,
sagt' er, schreibt man mir eben. Ich schreibe
noch nicht bei ihr. Ach warum ist sie denn un¬
glücklich?" -- "Es ist jezt bekannt, daß ihrem
Vater, dem General, ein unschuldiger Brief von
ihr in die Hände gerieth, und daß darauf ihr
Bund mit dem Grafen aufgehoben wurde, o die
Gute!" versezte Raphaela und weinte etwas auf
der Landstraße. Aber ihre Schwester verdammte
verdrüßlich blickend die Straßen- Ausstellung
hoher Bekanntschaften und Thränen; und der

Pferde fuͤr leidende Weiber zu thun gelobte, war
er zu Fuße zu leiſten bereit, fuͤr jede und dann
fuͤr Wina noch unzaͤhligemal ſo viel. Auf dem
Wege nach dem Wirtshaus begegneten ihm Neu¬
peters Toͤchter an Flittes Armen. „Vielleicht
wiſſen Sie es — redete ihn Raphaela an, und
ſtimmte den Ton ſo ſchleunig um, daß man
das Hinaufſtimmen vernahm — da Sie beim
Generale ſchreiben und aus Elterlein her ſind,
was meine ungluͤckliche Wina macht, ob die
Theure noch dort iſt?“ — Vor Schrecken konnt'
er kaum auf den Beinen, geſchweige auf Vults
ſchlaffem Luͤgen-Seile ſtehen: „ſie iſt noch da,
ſagt' er, ſchreibt man mir eben. Ich ſchreibe
noch nicht bei ihr. Ach warum iſt ſie denn un¬
gluͤcklich?“ — „Es iſt jezt bekannt, daß ihrem
Vater, dem General, ein unſchuldiger Brief von
ihr in die Haͤnde gerieth, und daß darauf ihr
Bund mit dem Grafen aufgehoben wurde, o die
Gute!“ verſezte Raphaela und weinte etwas auf
der Landſtraße. Aber ihre Schweſter verdammte
verdruͤßlich blickend die Straßen- Ausſtellung
hoher Bekanntſchaften und Thraͤnen; und der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0186" n="178"/>
Pferde fu&#x0364;r leidende Weiber zu thun gelobte, war<lb/>
er zu Fuße zu lei&#x017F;ten bereit, fu&#x0364;r jede und dann<lb/>
fu&#x0364;r Wina noch unza&#x0364;hligemal &#x017F;o viel. Auf dem<lb/>
Wege nach dem Wirtshaus begegneten ihm Neu¬<lb/>
peters To&#x0364;chter an Flittes Armen. &#x201E;Vielleicht<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en Sie es &#x2014; redete ihn Raphaela an, und<lb/>
&#x017F;timmte den Ton &#x017F;o &#x017F;chleunig um, daß man<lb/>
das Hinauf&#x017F;timmen vernahm &#x2014; da Sie beim<lb/>
Generale &#x017F;chreiben und aus Elterlein her &#x017F;ind,<lb/>
was meine unglu&#x0364;ckliche Wina macht, ob die<lb/>
Theure noch dort i&#x017F;t?&#x201C; &#x2014; Vor Schrecken konnt'<lb/>
er kaum auf den Beinen, ge&#x017F;chweige auf Vults<lb/>
&#x017F;chlaffem Lu&#x0364;gen-Seile &#x017F;tehen: &#x201E;&#x017F;ie i&#x017F;t noch da,<lb/>
&#x017F;agt' er, &#x017F;chreibt man mir eben. Ich &#x017F;chreibe<lb/>
noch nicht bei ihr. Ach warum i&#x017F;t &#x017F;ie denn un¬<lb/>
glu&#x0364;cklich?&#x201C; &#x2014; &#x201E;Es i&#x017F;t jezt bekannt, daß ihrem<lb/>
Vater, dem General, ein un&#x017F;chuldiger Brief von<lb/>
ihr in die Ha&#x0364;nde gerieth, und daß darauf ihr<lb/>
Bund mit dem Grafen aufgehoben wurde, o die<lb/>
Gute!&#x201C; ver&#x017F;ezte Raphaela und weinte etwas auf<lb/>
der Land&#x017F;traße. Aber ihre Schwe&#x017F;ter verdammte<lb/>
verdru&#x0364;ßlich blickend die Straßen- Aus&#x017F;tellung<lb/>
hoher Bekannt&#x017F;chaften und Thra&#x0364;nen; und der<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[178/0186] Pferde fuͤr leidende Weiber zu thun gelobte, war er zu Fuße zu leiſten bereit, fuͤr jede und dann fuͤr Wina noch unzaͤhligemal ſo viel. Auf dem Wege nach dem Wirtshaus begegneten ihm Neu¬ peters Toͤchter an Flittes Armen. „Vielleicht wiſſen Sie es — redete ihn Raphaela an, und ſtimmte den Ton ſo ſchleunig um, daß man das Hinaufſtimmen vernahm — da Sie beim Generale ſchreiben und aus Elterlein her ſind, was meine ungluͤckliche Wina macht, ob die Theure noch dort iſt?“ — Vor Schrecken konnt' er kaum auf den Beinen, geſchweige auf Vults ſchlaffem Luͤgen-Seile ſtehen: „ſie iſt noch da, ſagt' er, ſchreibt man mir eben. Ich ſchreibe noch nicht bei ihr. Ach warum iſt ſie denn un¬ gluͤcklich?“ — „Es iſt jezt bekannt, daß ihrem Vater, dem General, ein unſchuldiger Brief von ihr in die Haͤnde gerieth, und daß darauf ihr Bund mit dem Grafen aufgehoben wurde, o die Gute!“ verſezte Raphaela und weinte etwas auf der Landſtraße. Aber ihre Schweſter verdammte verdruͤßlich blickend die Straßen- Ausſtellung hoher Bekanntſchaften und Thraͤnen; und der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/186
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/186>, abgerufen am 25.11.2024.